Projekte/Wikimania 2018/Berichte
Seite für die Berichte der Stipendiatinnen und Stipendiaten.
Regiomontanus (Stipendiat)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Schon die Pre-Conference vom 18. bis 19. Juli, die auch wieder den traditionellen Hackathon (das ist eine Programmier- und Probier-Werkstatt mit Betreuung, wenn nötig) einschloss, führte in die spezielle Thematik einer Wikimania in Afrika ein. Im Gefolge von einigen international tätigen Wikimedianern wechselte ich den Tagungsort vom Cape-Sun-Hotel zum City-Bowl und stand plötzlich mitten in einer Konferenz zum Thema Decolonizing the Internet. In der Wikipedia sammeln wir das Wissen der Welt, aber welcher Welt, wessen Wissen? Es gibt riesige Lücken, große Verzerrungen, in ganz Afrika existiert nur ein einziges WM-Chapter, nämlich das in Südafrika, es gibt Staaten mit dutzenden Sprachen, aber nur einem Wikipedianer.
Unversehens saß ich in einem Saal, in dem es um das neu zu kodifizierende Urheberrecht in Südafrika ging. Die Zusammensetzung des Podiums bei der Diskussion war hochkarätig: Politiker, Universitätsprofessorinnen und -professoren, Vertreterinnen der Studierenden (ja, hier waren die Studentinnen in der Überzahl), Künstler und Filmemacher. Die Probleme erschienen mir bekannt. Die eingeschränkte Panoramafreiheit verhindert, dass Fotos z. B. von Statuen Nelson Mandelas gemacht und veröffentlicht werden dürfen, hingegen sind Denkmäler der Apartheid und aus der Zeit des Kolonialismus jederzeit abfotografierbar. Das bekam man schon deutlich zu spüren, als sich Südafrika erstmals an dem Fotowettbewerb "Wiki Loves Monuments" beteiligte. Dabei ist Südafrika führend bei der modernen afrikanischen Kunst im öffentlichen Raum. Vieles ist öffentlich sichtbar, Weniges auch abzubilden. Auch Dokumentarfilmer beklagen sich, dass sie kaum Material für ihre Filme zur Verfügung hätten. Für viel Geld ist alles zu erwerben, aber genau das fehlt den kreativen Regisseuren. Die Kosten für das gefilmte Material sind auf US-amerikanischen Niveau, die Förderung für die Filme jedoch kaum vorhanden.
Noch schlimmer ergeht es den Studierenden. Lehr- und Fachbücher sind von führenden englischsprachigen Verlagen zu beziehen, die kaum Verständnis für die besondere Lage der Universitäten in Ländern wie Südafrika haben. Einheimische Fachverlage gibt es kaum, gegen Raubkopien oder Verteilung im Internet wird scharf vorgegangen. Open Educational Resources stecken noch in den Kinderschuhen. Es ist abzusehen, dass das Urheberrecht, ähnlich wie bei den Patenten für Medikamente und deren Ersatz durch Generika, gelockert wird. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Immerhin ist das Engagement bei Professoren und Studierenden gleichermaßen hoch, sind es ja nicht nur urheberrechtliche Barrieren, die den Zugang zur Bildung verhindern. Die Wikipedia ist ein gern gesehener Helfer auf dem Weg, Bildung an alle Bevölkerungsschichten zu vermitteln.
Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
Eine Wikimania in Afrika! Lange haben wir darauf gewartet, schon vor der Abhaltung der Fußball-WM 2014 hatte sich Südafrika ins Gespräch gebracht. Schließlich wurde dann 2014 die erste Wiki-Indaba, die nunmehr jährlich stattfindende Wiki-Convention für Afrika in Johannesburg abgehalten. Auch 2018 gab es bereits eine Wiki-Indaba in Tunis. Das Programm der Wikimania 2018 hatte einen nicht zu übersehenden Schwerpunkt auf afrikanischen Themen, Sprachen, User-Groups. Zugunsten afrikanischer Themen traten eurozentristische Probleme und WMF-lastige Bereiche in den Hintergrund. Immer noch nicht genug, wie Marcus Cyron im Extrablatt des deutschsprachigen Wikipedia-Kuriers meinte (Artikel: „Immer wieder: mit dem Kopf gegen die Wand“). Aber immerhin gab es diesmal „Coolest African Projects“ (siehe auch auf Youtube) im Vorfeld von „Coolest Projects of Wikimedia Chapters“. Für mich war die Konzentration auf ein wichtiges Thema wie „Bridging knowledge gaps, the ubuntu way forward“, dem Motto der Wikimania 2018, ein nicht zu überschätzender Vorteil.
Trotz aller Konzentration auf ein Motto konnte ich leicht weiterverfolgen, was aus den Ideen des vergangenen Jahres in Montreal geworden ist: was die Commons-User-Group macht, die noch immer einen geeigneten Ort für ein Treffen sucht; wie lange es noch bis zur Bekanntmachung der neuen Movement Strategy dauern wird, die noch lange nicht abgeschlossen ist; wie sich Wiki Loves Monuments weiter entwickelt, in Afrika und anderswo; wie es mit WikiData und Structured Data in Commons weitergeht; und wer das nächste CEE-Treffen organisiert. Zu all diesen Themen gab es offizielle und inoffizielle Meetings. Selbst auf meine Vorschläge von 2017 bezüglich Wiki-Species wurde eingegangen. Ich wurde per Telegram-Messenger gesucht und schließlich in die offizielle Mailing-Liste zu diesem Thema aufgenommen.
Die Wikipedia wird sich nach dieser Wikimania ändern. Vielleicht wird Oral History schon bald als Quelle zugelassen, z. B. in kleinen Sprachversionen. Debatten dazu gab es jedenfalls genug. Vielleicht wird sich auch die Wikimania ändern: Mehr regionale Konferenzen wie Wiki-Indaba und dafür nur alle paar Jahre eine weltweite Wikimania. Im Jahr 2019 geht es noch im regulären Jahresrhythmus weiter, diesmal in Stockholm, Schweden, organisiert von einem Chapter, das mit dem in Österreich durchaus vergleichbar ist. Wir werden sehen!
CELINDOFac1 (Stipendiat)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
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Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
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Shikeishu (Stipendiat)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
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Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
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Pkraker (Stipendiat)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Ich war von der Session "Ubuntu for who? Equity by Free Knowledge?" begeistert. Der Grund liegt darin, dass ich Inhalt und Format der Session sehr spannend fand und die Session das hohe Maß an Selbstreflexion auf der Wikimania, welches mir schon 2016 in Esino Lario imponiert hat, illustriert.
Ziel der Session war es, das Konferenzthema Ubuntu kritisch zu hinterfragen und Aspekte von kultureller Aneignung (cultural appropriation) zu diskutieren. Ubuntu ist eine afrikanische Lebensphilosophie, welche von den südafrikanischen Völkern der Zulu und Xhosa kommt und sich um Menschlichkeit, Nächstenliebe und Gemeinsinn dreht. Dies wird in einem zentralen Satz ausgedrückt: "A person is a person through other people". Mittlerweile wird das Wort aber in vielen anderen Zusammenhängen genutzt, unter anderem für das Linux-Betriebssystem, aber beispielsweise auch als Name für eine private Sicherheitsfirma.
Die Session war in zwei Teile aufgeteilt. Zunächst wurde das Thema von mehreren Vortragenden besprochen, dann wurden zwei Provokationen vorgetragen. Im Anschluss wurden diese Provokationen in Gruppen diskutiert und das Ergebnis der Diskussion im Plenum besprochen. Außergewöhnlich war das Format der Session, da sich die Mehrzahl der Vortragenden nicht im Raum befanden (Taskeen Adam, Maha Bali, Rajiv Jhangiani and Christian Friedrich), sondern online zugeschaltet wurden. Vor Ort wurde die Session von Sukaina Walji, Shanali Govender und Christopher Schwarzkopf geleitet.
Das Format hat ausgezeichnet funktioniert (Kompliment an alle Beteiligten!) und hat es ermöglicht, auch Stimmen von außerhalb in die Session zu holen. Die Beiträge der Vortragenden, die Beispiele und Probleme kultureller Aneignung aufzeigten, wie auch die anschließende Diskussion fand ich sehr interessant. In unserer Gruppe spielte sich die Diskussion im Spannungsfeld kultureller Weiterentwicklung versus kultureller Aneignung ab. Es wurde auf der einen Seite festgestellt, dass es ohne den cultural remix keine Weiterentwicklung von Kultur gibt. Auf der anderen Seite wurde auch bald offensichtlich, dass kulturelle Aneignung dann zum Problem wird, wenn dadurch marginalisierte Communities ihrer Identität beraubt werden bzw. auch dann wenn kulturelle Artefakte für kommerzielle und politische Interessen missbraucht werden.
Ein verwandtes Beispiel aus der Open-Welt ist das sogenannte Openwashing, bei dem Unternehmen oder andere Organisationen behaupten, offen zu sein, obwohl sie Offenheit zuvor kaum gelebt und möglicherweise sogar bekämpft haben. Doch da sie sich kommerziell oder politisch davon einen Vorteil erhoffen, eignen sie sich diesen nun an und versuchen oftmals, ihn für ihre eigenen Zwecke umzudeuten.
Ich kann nur sehr empfehlen, sich die Materialien zum Workshop (inkl. des Videos der Session) anzusehen.
Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
Es war nach Esino Lario 2016 meine zweite Teilnahme an einer Wikimania und ich habe sie auch dieses Mal als unglaublich bereichernd empfunden. Der Fokus auf Diversität, Ungleichheiten und Inklusion hat für mich für viele neue Themen sensibilisiert, aber auch Herangehensweisen und Lösungsansätze gebracht. Im Hackathon habe ich weitere wertvolle Kontakte zur Wikidata- und WikiCite-Community geknüpft und wir haben weitere Fortschritte in Richtung einer Integration von Wikidata und Open Knowledge Maps gemacht. Ich habe viel über das Query Service und das Verfassen und Strukturieren von SPARQL-Queries gelernt.
Durch die Möglichkeit, Open Knowledge Maps sowohl in einem Lightning Talk als auch in der Poster-Session zu präsentieren, haben sich viele neue Anknüpfungsmöglichkeiten im Wikimedia-Universum und darüber hinaus ergeben. Besonders in der Poster-Session konnten wir viele spannende Gespräche mit den anwesenden Wikimedianern führen.
Nicht zuletzt werde ich auch meinen ersten Besuch in Südafrika und Afrika insgesamt niemals vergessen. Vielen Dank für die Möglichkeit, an der Wikimania 2018 teilzunehmen!
Tanteuschi (Stipendiatin)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
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Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
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Derhuti (Stipendiat)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
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Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
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Loht (Stipendiat)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
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Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
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Raimund (Angestellter)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Ich berichte von den Lightning talks am Konferenz-Freitag. Bei dem einstündigen Format ging es um Kürzestpräsentationen von jeweils maximal fünf Minuten, zumeist mit Unterstützung von Slides via Beamer. Ich finde das Format prinzipiell toll und habe mich schon darauf gefreut. Ein gutes Gelingen hängt sehr von einer guten Moderation ab, die stark präsent ist, schnell und gegebenenfalls vehement reagieren kann und den Raum immer im Griff hat, was diesmal leider nur bedingt der Fall war. Zusätzlich eine Person zu haben, die technisch unterstützt (Stichwort Laptop-Wechsel), wäre ebenfalls hilfreich gewesen.
Die beiden österreichischen Präsentationen kann ich nicht neutral bewerten. ;-) Shikeishu und Sparrow haben Wikipedia for Peace vorgestellt und nachdrücklich dafür geworben, dieses Projekt mit österreichischem Ursprung auf noch mehr Länder auszuweiten. Peter Kraker präsentierte die Open Knowledge Maps, eine visuelle Schnittstelle zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Inhalte auf der Plattform stehen falls nicht anders angegeben unter einer freien Lizenz (CC BY 4.0).
Von den Inhalten her fand ich außerdem VideoWiki besonders interessant. Da geht es darum, auf Grundlage bestehender Wikipedia-Artikel Videos mit Vorlese-Stimme zu erzeugen. Die Qualität der Videos ist (noch) nicht überzeugend und auch lizenzrechtlich scheint mir die Sache nicht einwandfrei zu sein. Mir gefällt aber die Idee, deren Weiterentwicklung ich für zukunftsträchtig halte: Wikipedia-Inhalte für Videoplattformen wie YouTube aufzubereiten und zwar so, dass die Wikipedia als Quelle noch erkennbar ist.
Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?
Mir persönlich hat die Wikimania 2018 unterm Strich mehr abverlangt als gebracht. Ins Positive gewendet habe ich noch einmal gelernt, wie wichtig bei Wikimedia-Veranstaltungen Sicherheit in allen Aspekten ist. Das fängt bei der Wahl des Veranstaltungsortes und des Österreicher*innen-Hotels an und erstreckt sich insbesondere auf eine ernst genommene funktionierende Sicherheitskette, nicht zuletzt was die Friendy Space Policy bzw. unsere Veranstaltungsrichtlinien betrifft.
Positiv beeindruckt war ich von der Programmzusammenstellung, von der “Navigation” innerhalb der Venue, von den Möglichkeiten für spontane Treffen geeignete Plätze in der Venue zu finden und von der Essens-Logistik (eine gute Idee die Essenszeiten trotz dafür vorgesehener Hauptzeiten auf größere Zeiträume auszudehnen). Ich hatte den Eindruck einer von der Teilnahmezahlen im Vergleich zu den Vorjahren relativ kleinen Wikimania, was insbesondere die Kontaktaufnahme zu Menschen, die ich noch nicht kannte, erleichtert hat. Das Kontakteknüpfen sowie persönliche Treffen mit Menschen aus dem gleichen Arbeitsbereich wie ich, die ich in der Regel schon kenne, sind für mich immer wichtige Benefits einer Wikimania.