Seite für die Berichte der Stipendiatinnen und Stipendiaten.

Regiomontanus (Stipendiat)

Bericht von einer Einzelveranstaltung
 
Albertina Sisulu, die sich für den Zugang von Mädchen und Frauen zur Bildung einsetzte, bei ihrer Hochzeit im Jahr 1944. Das Foto ist frei, wenn das Urheberrecht in Südafrika 50 Jahre nach dem Tod des Fotografen erlischt und in keinem anderen Land ein Urheberrecht geltend gemacht wird. Auf dem Bild sieht man ganz links den jungen Nelson Mandela.
 
Besprechung oder Studium lokaler Kochkunst? Die Straußensteaks waren jedenfalls empfehlenswert!
 
„Coolest African Projects“ - Felix Narthey (Ghana), Emna Mizouni (Tunesien) und Thuvack (Südafrika), das sind die drei in der Mitte, präsentieren die 10 besten Ideen aus Afrika.

Schon die Pre-Conference vom 18. bis 19. Juli, die auch wieder den traditionellen Hackathon (das ist eine Programmier- und Probier-Werkstatt mit Betreuung, wenn nötig) einschloss, führte in die spezielle Thematik einer Wikimania in Afrika ein. Im Gefolge von einigen international tätigen Wikimedianern wechselte ich den Tagungsort vom Cape-Sun-Hotel zum City-Bowl und stand plötzlich mitten in einer Konferenz zum Thema Decolonizing the Internet. In der Wikipedia sammeln wir das Wissen der Welt, aber welcher Welt, wessen Wissen? Es gibt riesige Lücken, große Verzerrungen, in ganz Afrika existiert nur ein einziges WM-Chapter, nämlich das in Südafrika, es gibt Staaten mit dutzenden Sprachen, aber nur einem Wikipedianer.

Unversehens saß ich in einem Saal, in dem es um das neu zu kodifizierende Urheberrecht in Südafrika ging. Die Zusammensetzung des Podiums bei der Diskussion war hochkarätig: Politiker, Universitätsprofessorinnen und -professoren, Vertreterinnen der Studierenden (ja, hier waren die Studentinnen in der Überzahl), Künstler und Filmemacher. Die Probleme erschienen mir bekannt. Die eingeschränkte Panoramafreiheit verhindert, dass Fotos z. B. von Statuen Nelson Mandelas gemacht und veröffentlicht werden dürfen, hingegen sind Denkmäler der Apartheid und aus der Zeit des Kolonialismus jederzeit abfotografierbar. Das bekam man schon deutlich zu spüren, als sich Südafrika erstmals an dem Fotowettbewerb "Wiki Loves Monuments" beteiligte. Dabei ist Südafrika führend bei der modernen afrikanischen Kunst im öffentlichen Raum. Vieles ist öffentlich sichtbar, Weniges auch abzubilden. Auch Dokumentarfilmer beklagen sich, dass sie kaum Material für ihre Filme zur Verfügung hätten. Für viel Geld ist alles zu erwerben, aber genau das fehlt den kreativen Regisseuren. Die Kosten für das gefilmte Material sind auf US-amerikanischen Niveau, die Förderung für die Filme jedoch kaum vorhanden.

Noch schlimmer ergeht es den Studierenden. Lehr- und Fachbücher sind von führenden englischsprachigen Verlagen zu beziehen, die kaum Verständnis für die besondere Lage der Universitäten in Ländern wie Südafrika haben. Einheimische Fachverlage gibt es kaum, gegen Raubkopien oder Verteilung im Internet wird scharf vorgegangen. Open Educational Resources stecken noch in den Kinderschuhen. Es ist abzusehen, dass das Urheberrecht, ähnlich wie bei den Patenten für Medikamente und deren Ersatz durch Generika, gelockert wird. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Immerhin ist das Engagement bei Professoren und Studierenden gleichermaßen hoch, sind es ja nicht nur urheberrechtliche Barrieren, die den Zugang zur Bildung verhindern. Die Wikipedia ist ein gern gesehener Helfer auf dem Weg, Bildung an alle Bevölkerungsschichten zu vermitteln.

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

Eine Wikimania in Afrika! Lange haben wir darauf gewartet, schon vor der Abhaltung der Fußball-WM 2014 hatte sich Südafrika ins Gespräch gebracht. Schließlich wurde dann 2014 die erste Wiki-Indaba, die nunmehr jährlich stattfindende Wiki-Convention für Afrika in Johannesburg abgehalten. Auch 2018 gab es bereits eine Wiki-Indaba in Tunis. Das Programm der Wikimania 2018 hatte einen nicht zu übersehenden Schwerpunkt auf afrikanischen Themen, Sprachen, User-Groups. Zugunsten afrikanischer Themen traten eurozentristische Probleme und WMF-lastige Bereiche in den Hintergrund. Immer noch nicht genug, wie Marcus Cyron im Extrablatt des deutschsprachigen Wikipedia-Kuriers meinte (Artikel: „Immer wieder: mit dem Kopf gegen die Wand“). Aber immerhin gab es diesmal „Coolest African Projects“ (siehe auch auf Youtube) im Vorfeld von „Coolest Projects of Wikimedia Chapters“. Für mich war die Konzentration auf ein wichtiges Thema wie „Bridging knowledge gaps, the ubuntu way forward“, dem Motto der Wikimania 2018, ein nicht zu überschätzender Vorteil.

Trotz aller Konzentration auf ein Motto konnte ich leicht weiterverfolgen, was aus den Ideen des vergangenen Jahres in Montreal geworden ist: was die Commons-User-Group macht, die noch immer einen geeigneten Ort für ein Treffen sucht; wie lange es noch bis zur Bekanntmachung der neuen Movement Strategy dauern wird, die noch lange nicht abgeschlossen ist; wie sich Wiki Loves Monuments weiter entwickelt, in Afrika und anderswo; wie es mit WikiData und Structured Data in Commons weitergeht; und wer das nächste CEE-Treffen organisiert. Zu all diesen Themen gab es offizielle und inoffizielle Meetings. Selbst auf meine Vorschläge von 2017 bezüglich Wiki-Species wurde eingegangen. Ich wurde per Telegram-Messenger gesucht und schließlich in die offizielle Mailing-Liste zu diesem Thema aufgenommen.

Die Wikipedia wird sich nach dieser Wikimania ändern. Vielleicht wird Oral History schon bald als Quelle zugelassen, z. B. in kleinen Sprachversionen. Debatten dazu gab es jedenfalls genug. Vielleicht wird sich auch die Wikimania ändern: Mehr regionale Konferenzen wie Wiki-Indaba und dafür nur alle paar Jahre eine weltweite Wikimania. Im Jahr 2019 geht es noch im regulären Jahresrhythmus weiter, diesmal in Stockholm, Schweden, organisiert von einem Chapter, das mit dem in Österreich durchaus vergleichbar ist. Wir werden sehen!

CELINDOFac1 (Stipendiat)

Bericht von einer Einzelveranstaltung

Die "Wikimania Cape Town 2018" setzte sich aus einer Vorkonferenz am 18. und 19. Juli und aus der eigentlichen Hauptkonferenz zusammen, welche vom 20. bis zum 22. Juli stattfand. Auch einige interessante "post-conference activities" wurden angeboten, etwa ein von Douglas Scott (Vorsitzender von "Wikimedia South Africa") geführter Spaziergang durch den historischen Stadtkern von Kapstadt. Für mich war es die erste Teilnahme an einer Wikimania überhaupt, mein Gesamteindruck ist äußerst positiv, sowohl was die Qualität der Einzelveranstaltungen betrifft, die ich besuchen konnte, als auch was die vielen inspirierenden Gespräche mit anderen Konferenzbesucher(innen) anlangt, aus denen ich etliche neue Einsichten gewinnen konnte. Der Workshop "Wikipedia 101 for Librarians" am 19. Juli, den ich herausgreifen möchte, hatte den Zweck, Büchereimitarbeiter(innen) insbesondere in afrikanischen Ländern in die Lage zu versetzen, sich kreativ und auf vielfältige Weise an allen Wikimedia-Projekten zu beteiligen. Moderatoren mit reichlich Praxiserfahrung auf diesem Gebiet waren Jake Orlowitz, Felix Nartey, Alex Stinson und Samuel Guebo. Im Rahmen des Workshops wurde von Jake Orlowitz auch die "Wikipedia Library" vorgestellt, die er als "an open research hub" definierte. Sie tätigt unter anderem Buchkäufe für Forscher(innnen), ermöglicht ihnen den kostenfreien Zugang zu diversen Universitätsbibliotheken etc., wenn sie neben anderen Kriterien über 1 000 Edits vorweisen können. Ich habe diesen Workshop deshalb besucht, weil ich eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Leiter einer öffentlichen Bücherei in Österreich absolviert habe und erfahren wollte, welche Fachempfehlungen vom Moderatorenteam entwickelt worden sind. Die Wikipedia wächst zwar global um rund 7 000 neue Artikel pro Monat, dieses Wachstum ist aber äußerst ungleichmäßig verteilt. Die afrikanischen Sprachen sind derzeit eindeutig unterrepräsentiert. Bei den Sprachversionen der Wikipedia steht Malagasy (auf Madagaskar gesprochene Sprache) mit 84 996 Artikeln (Stand Juli 2018) an der Spitze, gefolgt von Afrikaans mit 50 275 Artikeln an zweiter und Swahili mit 42 773 Artikeln an dritter Stelle. Südafrika hat nach dem Ende der Apartheid nunmehr 11 Amtssprachen, neben Englisch und Afrikaans unter anderem isiXhosa, welche in der Provinz Western Cape um Kapstadt dritte Amtssprache ist - in dieser Sprache gibt es aber derzeit nur rund 1 000 Artikel in der Wikipedia. Es herrscht also großer Aufholbedarf, sowohl online als auch was die Versorgung mit gedruckten Büchern in afrikanischen Sprachen anlangt. Die nicht weit vom Konferenzhotel gelegene "Central Library Cape Town", die für Besuche offenstand, hat einen Bestand von rund 700 000 Medien in einer Vielzahl von Sprachen und bemüht sich intensiv darum, mehr Gleichberechtigung unter den Sprachen zu schaffen. In dieser Bücherei, die auch ein "MakerSpace Studio" mit 3-D-Druckern etc. hat, finden übrigens auch Vorträge und Workshops von "Wikimedia South Africa" zu verschiedenen Themen statt. Wie die Moderatoren betonten, ist eine möglichst engmaschige Vernetzung zwischen den einzelnen Wikimedia-Chapters bzw. User Groups und den schon bestehenden Büchereien erforderlich, um gemeinsame Erfolge zu erzielen, insbesondere bei Digitalisierungsstrategien und dem Auf- und Ausbau digitaler Ressourcen. 2018 feierte auch die "National Library of South Africa", welche ihren Sitz in Kapstadt hat, das 200-jährige Gründungsjubiläum mit einer großartigen Ausstellung unter dem Titel "Treasure House of Knowledge". 300 wertvolle Exponate wurden aus den Beständen der Bücherei (rund 2 Millionen) für diese Ausstellung ausgesucht. Im Jahr 1975 wurde in der Stadt Paarl das von Architekt Jan van Wijk entworfene "Afrikaans Language Monument" errichtet, als man den 50. Jahrestag der offiziellen Anerkennung von Afrikaans in Südafrika als einer zwar aus dem Niederländischen hervorgegangenen, aber von diesem im Laufe der Jahrhunderte eigenständig gewordenen Sprache beging. Nelson Mandela schätzte besonders die Afrikaans-Dichterin Ingrid Jonker. In der Stadt Franschhoek gibt es ein 1947 errichtetes "Huguenot Monument", doch das Französich der aus ihrer Heimat vertriebenen protestantischen Hugenotten, welche sich um das Jahr 1688 in großer Zahl in Südafrika ansiedelten, ist leider nicht erhalten geblieben. Sprachliche Vielfalt ist ein hohes kulturelles Gut, das überall auf der Welt gefährdet war und noch immer ist und das es zu verteidigen gilt. Für die Wikimedia-Bewegung ist es auch wichtig, bei den verschiedenen "Open Book Festivals" präsent zu sein, das nächste findet vom 5. bis 9. September 2018 in Kapstadt statt, wobei an den fünf Festivaltagen über 150 verschiedene Events, eingebettet in einen globalen Kontext, stattfinden. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat im November 2009 beschlossen, den 18. Juli jeden Jahres als "Nelson Mandela International Day" zu begehen. Nelson Mandela wurde vor genau 100 Jahren, und zwar am 18. Juli 1918, geboren. Die Teilnehmer(innen) an der Wikimania 2018, welche etwas länger blieben, hatten die Möglichkeit, sich die rund 120 Kilogramm schwere Bronzestatue von Nelson Mandela anzusehen, welche am 24. Juli 2018 auf dem Balkon des Rathauses von Kapstadt feierlich enthüllt wurde. Diese Skulptur wurde von den beiden Künstlern Xhanti Mpakama und Barry Jackson gestaltet. Von diesem Balkon aus hatte Nelson Mandela am 11. Februar 1990 seine erste Rede als freier Mann nach 27 Gefängnisjahren gehalten. Am "Nelson Mandela International Day" 2018 wurde in Kapstadt (Bree Street) ein Bücherberg mit über 2 000 Büchern aufgeschichtet, welche für arme Kinder gespendet wurden. Am 25. Juli 2018 fand in der Buchhandlung "The Book Lounge" in Kapstadt die Präsentation des (in mehreren Sprachversionen verfügbaren) Buches "Grandad Mandela" bzw. "Oupa Mandela" (in Afrikaans) statt, verfasst von seinen Enkelkindern Zazi und Ziwelene Mandela. Ich nahm an dieser Veranstaltung teil, kaufte mir ein Exemplar, welches ich mir auch signieren ließ, und schenke es bei meinem nächsten Besuch in Wien der kleinen und daher noch ausbaufähigen Bibliothek von Wikimedia Österreich. Am bedeutendsten und erfreulichsten ist aber die Tatsache, dass aus Anlass der 14. Wikimania-Konferenz 2018 in Kapstadt die "Nelson Mandela Foundation" insgesamt 87 handgeschriebene Seiten an wichtigen Tagebucheinträgen von Nelson Mandela Wikimedia Commons zur Verfügung gestellt hat.

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

Die (erstmalige) Teilnahme an der Wikimania brachte mir die folgenden zehn Vorteile, die ich systematisch auflisten möchte:

Die Möglichkeit des intensiven Austausches ("cross-cultural exchange") mit Teilnehmer(innen) aus der ganzen Welt, beispielsweise aus Indien. Dieser Staat hat es geschafft, für rund eine Milliarde seiner etwa 1,3 Milliarden Einwohner(innen) digitale Identitäten zu schaffen. 2025 wird es in Indien bereits 900 Millionen Internetuser(innen) geben, jeder siebente Mensch, der sich im Internet bewegt, wird also aus Indien stammen. Diese neuen Fakten beeinflussen natürlich gravierend auch alle Wikimedia-Projekte, die schon ihrer Struktur nach international ausgerichtet sind. In Mumbai leben noch immer rund 60 % der Bevölkerung in "informal settlements" bzw. in "slums" - durch den Einsatz von Satelliten und Drohnen ist es Indien nunmehr gelungen, diese Gebiete erstmals zu erfassen, was mit traditionellen Mitteln viele Jahre in Anspruch genommen hätte. Das Programm "Digital India Scheme", welches am 1. Juli 2015 begonnen wurde, sieht unter anderem "AR-Assisted Teaching/Learning" vor, den flächendeckenden Einsatz von MOOCs ("massive open online courses") etc. Es ist interessant, sich mit Betroffenen aus Indien selbst bei einer internationalen Konferenz angeregt über alle diese Projekte und die mit ihnen verbundenen Probleme unterhalten zu können.


Die Wikimedia Foundation entwickelt immer mehr und immer bessere Tools, mit denen man sich auf einer internationalen Konferenz wie der Wikimania vertraut machen kann. Ich gewann einen sehr guten Einblick in folgende Tools: Grant Metrics, Pattypan ("upload GLAM files the spreadsheet way"), ScienceSource. Alex Stinson, der "GLAM-Wiki Strategist" von der Wikimedia Foundation, erläuterte bei der Konferenz viele wichtige Details, zu denen man ansonst nicht so leicht Zugang hat. Er hat einen Masters-Abschluss von der Kansas State University und kann auf über 80 000 Edits verweisen.


Am 19. Juli 2018 konnte man sich ausführlich über "why mobile editing matters" informieren. Obwohl derzeit nur 6 % der Edits (noch) über Smartphones erfolgen, werden 55 % der Wikimedia-Produkte über Smartphones konsumiert. Der Trend der letzten Jahre geht eindeutig zum "mobile editing". Bei der Wikimania konnte man sich auch alle derzeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf diesem Gebiet vorführen lassen bzw. sie an Ständen selbst ausprobieren.


Ich hatte erstmals die Gelegenheit, ein wenn auch nur sehr kurzes kurzes Gespräch mit Jimmy Wales zu führen. Wir unterhielten uns über sein Projekt WikiTribune bzw. über "evidence-based journalism". Er sagte mir, dass er auf der Suche nach "fact checkers" sei. Ich lese täglich den in London erscheinenden "WikiTribune Newsletter". Im Jahr 2006 schien der Wikipedia-Gründer in der Liste der "The 100 Most Influential People in the World" des Time-Magazins auf. Toll, dass sich Jimmy Wales nunmehr in die Schlacht gegen die zunehmende Verbreitung von "fake news" geworfen hat!


Kapstadt ist wegen seiner hohen Dichte an Museen und sonstigen "must-see-attractions" ein ideales Terrain für Wikimedianer(innen), die auf dem GLAM-Sektor aktiv sind. Das "South African Jewish Museum" wurde im Dezember 2000 von Nelson Mandela persönlich eröffnet. Das "Cape Town Diamond Museum" dokumentiert die Entwicklung dieses wichtigen Sektors, nachdem 1867 Diamanten in Südafrika gefunden wurden. Das "South African Museum" beherbergt über eineinhalb Millionen Exponate, darunter rund 120 000 Jahre alte Steinwerkzeuge. In der rund zweieinhalb Millionen Einwohner(innen) zählenden Township Khayelitsha (bedeutet "neues Heim" in der Sprache isiXhosa) gibt es ein eigenes "Gangster Museum", das erste seiner Art in der Nähe von Kapstadt.


Der Kunstmarkt ist heute komplett globalisiert. Seit dem Jahr 2000 erstellt die Firma Artprice einen Index ("Global 500") der wichtigsten Kunstschaffenden der Welt. Afrikanische Kunst gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der frühere Chef von Puma Jochen Zeitz hat in Kapstadt ein ultramodernes Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst errichtet - das von Thomas Heatherwick designete Gebäude, in welchem sich früher Getreidesilos befanden, ist ein Kunstwerk für sich. Im in unmittelbarer Nähe von Kapstadt gelegenen Botanischen Garten von Kirstenbosch (gegründet 1913, rund 36 Hektar groß) befindet sich auch ein Skulpturengarten, der Steinskulpturen des Volkes der Shona aus Zimbabwe zeigt. Da ich selbst Hobby-Steinbildhauer bin, habe ich Kirstenbosch nach der Konferenz einen ganztätigen Besuch abgestattet, um afrikanische Kreativität zu bewundern.


Die Wikimedia-Bewegung muss auch das politische und ökonomische Umfeld der Staaten, in denen sie agiert, genauestens mit "impact studies" analysieren, gefährlich sind Pauschalurteile aller Art. Afrika konnte im Jahr 2017 nur 2,9 % der weltweiten Investitionen anlocken. Ungeachtet dessen haben Staaten wie etwa Botswana eine beeindruckende Erfolgsbilanz vorzuweisen - als die frühere britische Kolonie 1966 unabhängig wurde, gab es nur 12 km gepflasterte Straßen und 22 Universitätsabsolventen. Der Anteil der Entwicklungshilfe am Budget Ruandas sank in den letzten 10 Jahren von 80 % auf 17 %. In Südafrika gab es erst im April 1994 freie und faire Wahlen. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist in den meisten afrikanischen Ländern wesentlich kürzer als in Österreich (81,5) gegenüber etwa Burundi (60,9). 68 % aller EU-Unternehmen, die auf dem afrikanischen Kontinent operativ tätig sind, haben ihren Hauptsitz in der Republik Südafrika. Wanda Guma, der selbst in der ersten Township namens Langa (gegründet noch unter dem 1923 erlassenen "Urban Areas Act" im Jahr 1927) geboren wurde und selbst an der Wikimania teilnahm, organisierte eine "Wikimania Ubuntu Township Tour", an der ich gerne teilnahm. Besonders beeindruckend war das "Guga s'Thebe Arts and Cultural Centre", gegründet 1999. Es umfasst unter anderem einen Theaterraum mit 200 Plätzen. Es herrscht also nicht nur Tristesse in Afrika, es gibt trotz aller Rückschläge und trotz der durch den jahrhundertelangen Kolonialismus bedingten wirtschaftlichen Probleme viel Erfolgreiches. Bei dieser Township-Tour spendierte ich einen großen Topf traditionell frisch gebrauten Bieres allen Personen, die sich in der Shebeen (Bierlokal in einem Slum) befanden - wir tranken auf das Wohl meiner Ahnen :)


Südafrika ist der achtgrößte Weinproduzent der Welt, rund 290 000 Personen sind in der Weinwirtschaft beschäftigt. Da ich aus einer Weinregion stamme, verkostete und bewertete ich einige südafrikanische Weine aus der Kapregion an Ort und Stelle und besuchte nach der Konferenz auch zwei Weingüter. Die Tendenz zur Globalisierung (Stichwort: "flying winemakers") ist in diesem Wirtschaftszweig besonders hoch, es gibt einen regen Erfahrungsaustausch zwischen Österreich und Südafrika.


Bei der Wikimania in Kapstadt wurden im Rahmen der #visiblewomencampaign Postkarten über Frauen wie etwa Marielle Franco verteilt - diese brasilianische Feministin wurde wegen ihrer unbeirrbaren Kritik an der Polizeibrutalität in den Favelas 2018 ermordet. Die Wikimedia-Bewegung ist und war seit ihrem Beginn auch immer eine Human-Rights-Bewegung! In der Stadt Timbuktu im nordafrikanischen Mali haben Islamisten im Jahr 2012 eine Bibliothek mit wertvollen historischen Büchern und Kunstschätzen angezündet. Dass Digitalisierung notwendig ist, um Kulturgut zu dokumentieren und vor derartigen barbarischen Akten auch für die Nachwelt zu sichern (!), ist wohl jedem GLAM-Aktivisten klar. Es gab, was ich ganz toll fand, bei der Wikimania auch eine sehenswerte Kunstausstellung zum Thema "What is knowlege?" im Konferenzhotel, an der sich insgesamt 10 Künstlerinnen und Künstler beteiligten. Ich unterhielt mich sehr lange mit Frau Siko Bouterse, welche diese Ausstellung organisiert hatte. Eine Wikimania ist bekanntlich nicht nur eine Angelegenheit für Nerds, sondern auch für kunstaffine Menschen. Es war interessant, zu sehen, wie sich Kunstschaffende mit der Frage, was denn eigentlich "Wissen" ist, auseinandersetzen und welche künstlerischen Konzepte sie entwickelt haben, um ihre Ideen darzustellen.


"Wiki Loves Love - International Photographic Competition" - wird im Februar 2019 erstmals stattfinden. Photos von "love testimonials" sollen en masse weltweit gesammmelt werden. Regionalisierungsansätze wie der 2015 gestartete "Wikipedia Asian Month" werden fortgesetzt, im November 2018 erfolgt die vierte Ausgabe dieses Projekts. "Wikitongues" ist eine Initiative, um gefährdete Sprachen weltweit zu dokumentieren und zu retten (organisiert als non-profit mit Registrierung in Brooklyn, New York). Es wurde für die Teilnahme an der nächsten "GLAM Wikimedia Conference" vom 3. bis 5. November 2018 in Tel Aviv geworben. Bei einer Wikimania sind nicht nur die vielen Vorträge und Workshops wichtig, sondern auch die zahlreichen, oft sehr einfallsreich und mit großem Einsatz gestalteten Stände im Konferenzhotel, welche eindrucksvoll die gesamte Bandbreite der globalen Wikimedia-Bewegung belegen!


Die 15. Wikimania wird vom 14. bis 18. August 2019 in Stockholm stattfinden. Ich hoffe, wieder dabei sein zu dürfen :)

Shikeishu (Stipendiat)

Bericht von einer Einzelveranstaltung

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Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

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Pkraker (Stipendiat)

Bericht von einer Einzelveranstaltung

Ich war von der Session "Ubuntu for who? Equity by Free Knowledge?" begeistert. Der Grund liegt darin, dass ich Inhalt und Format der Session sehr spannend fand und die Session das hohe Maß an Selbstreflexion auf der Wikimania, welches mir schon 2016 in Esino Lario imponiert hat, illustriert.

Ziel der Session war es, das Konferenzthema Ubuntu kritisch zu hinterfragen und Aspekte von kultureller Aneignung (cultural appropriation) zu diskutieren. Ubuntu ist eine afrikanische Lebensphilosophie, welche von den südafrikanischen Völkern der Zulu und Xhosa kommt und sich um Menschlichkeit, Nächstenliebe und Gemeinsinn dreht. Dies wird in einem zentralen Satz ausgedrückt: "A person is a person through other people". Mittlerweile wird das Wort aber in vielen anderen Zusammenhängen genutzt, unter anderem für das Linux-Betriebssystem, aber beispielsweise auch als Name für eine private Sicherheitsfirma.

Die Session war in zwei Teile aufgeteilt. Zunächst wurde das Thema von mehreren Vortragenden besprochen, dann wurden zwei Provokationen vorgetragen. Im Anschluss wurden diese Provokationen in Gruppen diskutiert und das Ergebnis der Diskussion im Plenum besprochen. Außergewöhnlich war das Format der Session, da sich die Mehrzahl der Vortragenden nicht im Raum befanden (Taskeen Adam, Maha Bali, Rajiv Jhangiani and Christian Friedrich), sondern online zugeschaltet wurden. Vor Ort wurde die Session von Sukaina Walji, Shanali Govender und Christopher Schwarzkopf geleitet.

Das Format hat ausgezeichnet funktioniert (Kompliment an alle Beteiligten!) und hat es ermöglicht, auch Stimmen von außerhalb in die Session zu holen. Die Beiträge der Vortragenden, die Beispiele und Probleme kultureller Aneignung aufzeigten, wie auch die anschließende Diskussion fand ich sehr interessant. In unserer Gruppe spielte sich die Diskussion im Spannungsfeld kultureller Weiterentwicklung versus kultureller Aneignung ab. Es wurde auf der einen Seite festgestellt, dass es ohne den cultural remix keine Weiterentwicklung von Kultur gibt. Auf der anderen Seite wurde auch bald offensichtlich, dass kulturelle Aneignung dann zum Problem wird, wenn dadurch marginalisierte Communities ihrer Identität beraubt werden bzw. auch dann wenn kulturelle Artefakte für kommerzielle und politische Interessen missbraucht werden.

Ein verwandtes Beispiel aus der Open-Welt ist das sogenannte Openwashing, bei dem Unternehmen oder andere Organisationen behaupten, offen zu sein, obwohl sie Offenheit zuvor kaum gelebt und möglicherweise sogar bekämpft haben. Doch da sie sich kommerziell oder politisch davon einen Vorteil erhoffen, eignen sie sich diesen nun an und versuchen oftmals, ihn für ihre eigenen Zwecke umzudeuten.

Ich kann nur sehr empfehlen, sich die Materialien zum Workshop (inkl. des Videos der Session) anzusehen.

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

Es war nach Esino Lario 2016 meine zweite Teilnahme an einer Wikimania und ich habe sie auch dieses Mal als unglaublich bereichernd empfunden. Der Fokus auf Diversität, Ungleichheiten und Inklusion hat für mich für viele neue Themen sensibilisiert, aber auch Herangehensweisen und Lösungsansätze gebracht. Im Hackathon habe ich weitere wertvolle Kontakte zur Wikidata- und WikiCite-Community geknüpft und wir haben weitere Fortschritte in Richtung einer Integration von Wikidata und Open Knowledge Maps gemacht. Ich habe viel über das Query Service und das Verfassen und Strukturieren von SPARQL-Queries gelernt.

Durch die Möglichkeit, Open Knowledge Maps sowohl in einem Lightning Talk als auch in der Poster-Session zu präsentieren, haben sich viele neue Anknüpfungsmöglichkeiten im Wikimedia-Universum und darüber hinaus ergeben. Besonders in der Poster-Session konnten wir viele spannende Gespräche mit den anwesenden Wikimedianern führen.

Nicht zuletzt werde ich auch meinen ersten Besuch in Südafrika und Afrika insgesamt niemals vergessen. Vielen Dank für die Möglichkeit, an der Wikimania 2018 teilzunehmen!

Tanteuschi (Stipendiatin)

Bericht von einer Einzelveranstaltung

Die Session „Building capacity with communities: WMF's Community Capacity Development program“ präsentierte Updates zum CCD-Programm. Das CCD-Programm entwickelt Strategien und Richtlinien für aktive Communities, welche dabei helfen sollen, Potenziale innerhalb der Communities zu evaluieren und herauszufinden, wo konkreter Handlungsbedarf besteht.

Das Projekt wird seit 2016 von Asaf Bartov (WMF) kontinuierlich weiterentwickelt und soll skaliert werden, so dass Communities in der Lage sind, diese Richtlinien selbständig und im eigenen Kontext anzuwenden.

Asaf Bartov recherchierte zunächst, in welchen Bereichen Communities, abgesehen von finanzieller Unterstützung, Hilfe benötigen. Wie er mehrmals anmerkte, helfen Grants nicht notwendigerweise dabei einen bestimmten Bedarf zu decken. Aus vertiefenden Interviews und weiterer Recherchearbeit haben sich 6 Kategorien (capacities) ergeben:

  1. Community Governance
  2. Konfliktmanagement (Conflict management)
  3. Technische Fähigkeiten (Technical skills)
  4. Neue Mitglieder gewinnen / Umgang mit neuen Mitgliedern (New contributor engagement and growth)
  5. Partnerschaften (Partnerships)
  6. Kommunikation (Communications & Media Realtions)

Ziel des Programm ist es, sicher zu stellen, dass alle Communities und vor allem neue Communities in der Lage sind, nach Hilfe in diesen Bereichen zu fragen, bspw. Trainings bereitstehende Ressourcen und Materialien anzufragen.

Das Pilotprojekt wurde in drei verschiedenen Communities und in folgenden Ländern: Indien Brasilien, Ukraine durchgeführt. Es handelte sich dabei um Weiterbildungen vor Ort und in der jeweiligen Landessprache. Nach dem Pilot wurde das Curriculum entwickelt und als Community Capacity Map veröffentlicht. Die ursprünglich 6 Kategorien wurden in insgesamt 34 aufgeteilt. Auf dieser Meta-Seite findet man eine Beschreibung der einzelnen Kategorien und Anweisungen, wie man selbst evaluieren kann, welche Potenziale innerhalb der eigenen Community bereits ausgeschöpft werden und welche nicht. Die entsprechende Kategorie wird entweder mit niedrig (low), medium oder hoch (high) bewertet. Außerdem gibt es eine Tabelle, die die aktuelle Evaluierung einzelner Communities anzeigt. Alle Communities sind dazu eingeladen sich in die Tabelle einzutragen.

Was bringt diese Form der Selbstevaluierung? Es gibt natürlich der WMF einen Überblick, wie es um die Communities steht und dadurch die Möglichkeit, ungenutzte Potentiale der Foundation aufzudecken. Außerdem sind Communities in der Lage, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu evaluieren, wo Handlungsbedarf besteht. Asaf betonte mehrmals, dass dies von den Communities selbst bestimmt werden soll, ob sie Unterstützung in diesen Bereichen benötigen. Welche Hilfe in Anspruch genommen wird oder nicht hängt immer vom eigenen Kontext ab (z.B. kulturellen Kontext). Diese Umstände kann er der Tabelle nämlich nicht entnehmen.

Communities können sich jeder Zeit an Asaf wenden. Er unterstützt sie gerne mit Trainingsmaterialien und anderen Ressourcen. Du möchtest herausfinden welche Potenziale deine Community noch ausschöpfen kann? Hier findest du heraus wie es geht.

Übrigens sind diese Richtlinien nicht nur für Wikimedia Communities interessant. Auch alle anderen Bewegungen und Vereine können davon profitieren. Ich werde sie verwenden, um ungenutzte Potenziale in Open Knowledge Maps aufzuspüren ;-).

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

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Derhuti (Stipendiat)

Bericht von einer Einzelveranstaltung

Das Thema Urheberrecht stand bei mehreren Veranstaltungen – Copyright - what could possibly go wrong? Copyfights as a global challenge und EU Copyright Reform: Google vs. the content industry. Is Wikimedia stuck in the middle? – im Mittelpunkt.

In der EU wurde der Beschluss einer Copyright-Reform – auch auf massiven Druck durch Wikimedia und andere zivilgesellschaftliche Initiativen hin – vorerst verhindert und die Diskussion auf den Herbst vertragt. Ana und Dimi, die Wikimedia in Brüssel vertreten, haben die Community über den Stand der Debatte informiert: der bislang vorliegende Entwurf enthält einige positive Änderungen (Ausnahmen für den Bildungsbereich, Panoramafreiheit und einen Schutz der Public Domain), würde aber zwei besonders problematische Neuerungen bringen: eine sogenannte Link-Steuer sowie verpflichtende Upload-Filter für nutzergenerierte Inhalte.

Der Rahmen der Diskussion habe sich in den vergangenen Jahren verändert: Es würde nicht mehr vom Schutz von Kunst gesprochen, sondern von "content", von Inhalten. Die Content Industry, Verlage etwa, möchte ihre Inhalte gewinnmaximierend verwerten, um eine "value gap" zu schließen. Auf der anderen Seite stehen die globalen Online-Plattformen, "big tech", die mit der Darstellung von Inhalten viel Geld verdienen. Auf eine Gruppe wird in der politischen Diskussion jedoch oft vergessen: die Nutzerinnen und Nutzer. Wikipedia hat hier eine besondere Position zwischen den beiden Polen: die Community nutzt Informationen, und sie generiert gleichzeitig neue Inhalte.

Durch die Diskussion wurde klar, dass die Copyright-Reform in Europa weltweite Auswirkungen haben wird: viele Regierungen planen Reformen des Urheberrechts und werden sich an einer neuen europäischen Lösung orientieren – im Guten wie im Schlechten. Diese Regelungen können sehr konkrete Auswirkungen auf den Alltag der Menschen haben: in Südafrika sind laut einem Teilnehmer Schulbücher für große Teile der Bevölkerung kaum oder nicht erschwinglich, unter anderem weil der Parallel-Import von Büchern verboten ist. Eine Teilnehmerin aus einem südamerikanischen Land berichtete von Polizei-Razzien in Copyshops, die von den Behörden geschlossen wurden.

Klar ist für mich: Wikipedia sollte in den Policy-Diskussionen um das Urheberrecht – und generell stets dann, wenn es um das Verteidigen von Meinungs- und Informationsfreiheit geht – eine starke Stimme sein und aktiv Lösungsvorschläge einbringen.

Spannend, unterhaltsam und nützlich waren mehrere Lightning Talks, bei denen verschiedenste Initiativen vorgestellt wurden: etwa der Kiwix offline Wikipedia Reader, der Keeping Events Safe Guide, Wikidata in One Page und der Wikidata Terminator, der Wikidata items ohne Beschreibungen aufspürt.

Ein Update der Sustainability Initiative hat gezeigt, dass bei Umweltschutz und Nachhaltigkeit noch massiver Aufholbedarf besteht: Nur 9% der Energie für Wikipedia-Server kam 2017 aus erneuerbaren Energiequellen.

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

Es war meine erste Wikimania und ein sehr positives Erlebnis (vom subjektiven Sicherheitsgefühl rund um das Veranstaltungshotel vielleicht abgesehen). Cape Town als Konferenzort fand ich sehr bereichernd, ebenso wie den Fokus der Konferenz auf Diversität und Inklusion. Ich konnte zahlreiche spannende neue Kontakte knüpfen und interessante Diskussionen führen.

Schade war, dass die Pre-Konferenz "Decolonizing the Internet" nur auf Einladung zugänglich war, es aber keinen für mich nachvollziehbaren Bewerbungsprozess gab.

Ich konnte insbesondere aus den Policy Diskussionen vieles für mein Engagement für Informationsfreiheit und staatliche Transparenz mitnehmen. Etwas überrascht hat mich, dass es zwischen der Wikimedia-Community und der Transparenz- bzw. "Right to Know"-Community, in der ich mich viel bewege, global bislang nur recht wenig Kooperation zu geben scheint – obwohl beide versuchen, den freien Zugang zu Wissen und Information voranzutreiben. In Österreich, wie auch in Deutschland, übernimmt die Wikimedia ja bereits Gebühren bei Auskunftsbegehren über FragDenStaat.at. Hier sehe ich die Möglichkeit, neue und stärkere Brücken zwischen den Communities zu bauen. Vielen Dank für die Gelegenheit, teilnehmen zu können!

Loht (Stipendiat)

(nach absprache mit Claudia verfasse ich den Reisebericht in Englisch. Falls sich jemand internetational dafür interessiert, ersparen wir uns so die Übersetzung.

Bericht von einer Einzelveranstaltung

My favourite session was Wikipedia vs Disinformation from Dimitar Dimitov and Jan Gerlach. Besides being very entertaining and containing a copy of a confidential EU document, it presented a very informed perspective on one of the most hotly debated issues of our time: intermediary liability or platform regulation. We can find policy debates around this issue from India to the US and the EU. What is often lacking in those debates is an actual clear definition of the phenomenon. Fake news is the wrong term to have a meaningful discussion about an issue which incorporates at least two radical changes to our public discussion. First, the ease at which everybody can voice opinions online without gatekeepers or big investment in publishing infrastructure. Secondly, existing incentive structures for adverstisment based media publications to optimize quantity of readership instead of quality of content. Dimitar gave a very lively account of the EU expert working group on fake news, which was soon renamed to the expert group of Disinformation. Jan brilliantly summarized existing legislation around this issue, for example a proposed bill in France about disinformation campaigns during election periods which allows for judicial oversight.

I believe platform regulation to be one of the most complicated and central issues in our time of the global digital rights debate. Particular as it relates to the centralisation of data flows in the information society we live in and the fifth dimension of warfare, or cyberware as some might call it. In this 5th dimension the US competes on a much more equal standing with oppressive countries like Russia, China or North Korea. Which is also fuelled by the fact that liberal democracies with free press and freedom of speech face a strategic disadvantage in disinformation campaigns over countries without these liberties.

Therefore, I’m particularly grateful for this inspiring session and hope to continue discussion until and beyond the next Wikimania.

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

This year’s Wikimania was my third event and by far the best of its kind. I think the conference benefits tremendously from the geographical diversity and Cape Town was a perfect pick in the history of the event. To foster understanding of the true nature of the global community we are, everybody needs to engage in direct communication with underrepresented communities at an eye level.

One thing that struck me as odd was the support for Wikipedia Zero during the Opening Ceremony. Particularly in a year when the Foundation announced the fade out of this project it seemed like a criticism of this decision. I don’t know if this was the intention of the organisers, but notwithstanding the issue should have been picked up by other sessions to allow for an informed discussion, including the real figures of the past experiences with that project. If this is a discussion we want or need to have it should happen in the right framework that can lead to a coherent approach.

My position on this issue is that Wikimania has a responsibility as one of the best pearls of the internet to uphold the open and free architecture of mankind’s greatest invention. It would be a short sighted strategy to undermine the very principles that allowed the projects success in the first place and thereby prevent the next great invention to be created based on the open platform the internet needs to be for everyone. Subsidising access via Zero-Rating programs like Facebook’s Free Basics or AT&T’s sponsored data act as a warning beacon for the dangers of vertical integration and digital colonialism. I’d suggest the real cost of access, internet experiences for users on poor network connections and other barriers to knowledge for diverse user groups as reference frames to guide such this debate.

Raimund (Angestellter)

Bericht von einer Einzelveranstaltung
 
Lightning talks bei der Wikimania 2018

Ich berichte von den Lightning talks am Konferenz-Freitag. Bei dem einstündigen Format ging es um Kürzestpräsentationen von jeweils maximal fünf Minuten, zumeist mit Unterstützung von Slides via Beamer. Ich finde das Format prinzipiell toll und habe mich schon darauf gefreut. Ein gutes Gelingen hängt sehr von einer guten Moderation ab, die stark präsent ist, schnell und gegebenenfalls vehement reagieren kann und den Raum immer im Griff hat, was diesmal leider nur bedingt der Fall war. Zusätzlich eine Person zu haben, die technisch unterstützt (Stichwort Laptop-Wechsel), wäre ebenfalls hilfreich gewesen.

Die beiden österreichischen Präsentationen kann ich nicht neutral bewerten. ;-) Shikeishu und Sparrow haben Wikipedia for Peace vorgestellt und nachdrücklich dafür geworben, dieses Projekt mit österreichischem Ursprung auf noch mehr Länder auszuweiten. Peter Kraker präsentierte die Open Knowledge Maps, eine visuelle Schnittstelle zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Inhalte auf der Plattform stehen falls nicht anders angegeben unter einer freien Lizenz (CC BY 4.0).

Von den Inhalten her fand ich außerdem VideoWiki besonders interessant. Da geht es darum, auf Grundlage bestehender Wikipedia-Artikel Videos mit Vorlese-Stimme zu erzeugen. Die Qualität der Videos ist (noch) nicht überzeugend und auch lizenzrechtlich scheint mir die Sache nicht einwandfrei zu sein. Mir gefällt aber die Idee, deren Weiterentwicklung ich für zukunftsträchtig halte: Wikipedia-Inhalte für Videoplattformen wie YouTube aufzubereiten und zwar so, dass die Wikipedia als Quelle noch erkennbar ist.

Was hat mir die Teilnahme an der Wikimania gebracht?

Mir persönlich hat die Wikimania 2018 unterm Strich mehr abverlangt als gebracht. Ins Positive gewendet habe ich noch einmal gelernt, wie wichtig bei Wikimedia-Veranstaltungen Sicherheit in allen Aspekten ist. Das fängt bei der Wahl des Veranstaltungsortes und des Österreicher*innen-Hotels an und erstreckt sich insbesondere auf eine ernst genommene funktionierende Sicherheitskette, nicht zuletzt was die Friendy Space Policy bzw. unsere Veranstaltungsrichtlinien betrifft.

Positiv beeindruckt war ich von der Programmzusammenstellung, von der “Navigation” innerhalb der Venue, von den Möglichkeiten für spontane Treffen geeignete Plätze in der Venue zu finden und von der Essens-Logistik (eine gute Idee die Essenszeiten trotz dafür vorgesehener Hauptzeiten auf größere Zeiträume auszudehnen). Ich hatte den Eindruck einer von der Teilnahmezahlen im Vergleich zu den Vorjahren relativ kleinen Wikimania, was insbesondere die Kontaktaufnahme zu Menschen, die ich noch nicht kannte, erleichtert hat. Das Kontakteknüpfen sowie persönliche Treffen mit Menschen aus dem gleichen Arbeitsbereich wie ich, die ich in der Regel schon kenne, sind für mich immer wichtige Benefits einer Wikimania.