Projekte/WMAT 3-Jahresplan (2022-2024)

Auf Basis unserer neuen Strategie „Roadmap2025“ haben wir einen Fahrplan für die Implementierung in den nächsten drei Jahren erarbeitet, mit einem Budget und konkreten quantitativen und qualitativen Zielen für das kommende Jahr 2022, sowie Meilensteinen und Kernaktivitäten für 2023 und 2024.

Der strategische Plan baut auf unsere Stärken und Alleinstellungsmerkmale – Freiwilligenarbeit, Governance und (internationale) Projektadministration – um diese in den kommenden Jahren zu erhalten und teilweise zu vertiefen oder auszubauen. Zusätzlich wurden Wachstums- und Entwicklungspotenziale für die kommenden Jahre identifiziert: Dies betrifft insbesondere die proaktive Stärkung Freien Wissens in der Gesellschaft auf Basis strategischer Partnerschaften (Advocacy) sowie die Kompetenzentwicklung rund um die Erstellung von und den Umgang mit Freiem Wissen mit interessierten Partnerorganisationen, insbesondere Medien sowie Bildungs-, Kultur- und Gedächtnisinstitutionen.

Ziele und Metriken 2022

METRIK ZIEL 2022 Ziel 2021
Teilnehmer*innen 4.000 (neue Definition! bisher ohne Organisator*innen: 3.600)
Personen, die an den Aktivitäten des Proposals teilnehmen oder davon profitieren, entweder persönlich (offline) oder virtuell (online). Sie können auf verschiedene Weise teilnehmen, es sind nicht nur Personen, die Wikimedia-Projekte bearbeiten. Teilnehmende, die auch organisierend an einer Veranstaltung, einem Programm oder einer Aktivität beteiligt sind, sollten in dieser Definition berücksichtigt werden. Nicht dazu gehören Follower in sozialen Medien, Spender*innen oder andere nicht direkt Beteiligte.
Benutzer*innen 3.000 (neue Metrik)
Personen, die Wikimedia-Projekte bearbeiten und dabei Inhalte erstellen oder verbessern, die aus den Aktivitäten des Grant-Empfängers resultieren.
Neu registrierte Benutzer*innen 250 210
Die Anzahl der Teilnehmenden, die im Rahmen der Aktivitäten des Projekts neue Benutzerkonten in einem Wikimedia-Projekt erstellen.
Organisator*innen 280 (neue Definition! bisher nur volunteer organizers: 260)
Personen, die dafür sorgen, dass Aktivitäten durchgeführt werden können, indem sie die notwendige Zeit, Unterstützung und das nötige Wissen bereitstellen. Diese Definition umfasst Personen, die an der Durchführung von Aktivitäten beteiligt sind, wie z. B. Planer*innen, Koordinator*innen, Trainer*innen, Lehrer*innen, Kontaktpersonen für die Öffentlichkeitsarbeit, Berater*innen, Moderator*innen, Leiter*innen der Öffentlichkeitsarbeit, Sprecher*innen usw. Organisator*innen können Freiwillige oder bezahlte Mitarbeiter*innen sein.
Wiederkehrende Organisator*innen 200 (neue Metrik)
Anzahl der Organisator*innen, die bereits bei vorangegangenen Aktivitäten Organisator*innen waren.
Diversität unter Organisator*innen 33 % (neue Metrik, ersetzt nicht-vergleichbare alte Diversity-Metrik)
Mindestanteil der Organisator*innen, die weiblich oder nicht-binär sind.
Community-Motivation 80 % 80 % (leicht veränderte Definition, bisher Online-Engagement statt Wikimedia-Engagement)
Mindestanteil der an Community-Befragungen Teilnehmenden, die zustimmen, dass unsere Aktivitäten dazu beitragen, sie für ihr Wikimedia-Engagement zu motivieren.
Inhalte 110.000 144,000

(leicht veränderte Definition, bisher ohne Wikipedia-Namensraum)

Neue oder verbesserte Inhaltsseiten im Hauptnamensraum und im Wikipedia-Namensraum der Wikimedia-Projekte (für Wikimedia Commons: nur Media Files).
Wikipedia-Inhalte 17.000 (neue Metrik)
Neue oder verbesserte Seiten im Artikel- und im Wikipedia-Namensraum.
Wikidata-Inhalte 32.000 (neue Metrik)
Neue oder verbesserte Wikidata-Items.
Wikimedia-Commons-Inhalte 60.000 (neue Metrik)
Hochgeladene Mediendateien.
Inhalte in anderen Wikimedia-Projekten 1.000 (neue Metrik)
Neue oder verbesserte Inhalte im Hauptnamensraum anderer Wikimedia-Projekte.
Freie Inhalte jenseits der Wikimedia-Projekte 1.200 1.900
Neuen Seiten mit frei lizenzierten Inhalten in Nicht-Wikimedia-Projekten (z. B. RegiowikiAT).
Inhaltliche Qualität 5.000 3.000
Hohe Qualität - die Anzahl der Community-Auszeichnungen für Mediendateien (exzellent, qualitativ, wertvoll) und Artikel (lesenswert, exzellent) - und verbesserte Qualität - die Anzahl der verbesserten Seiten des Hauptnamensraums, die als mit Qualitätsproblemen gekennzeichnet sind.
Mediendateiennutzung 3.000 5.000
Unterschiedliche neue Mediendateien, die im Hauptnamensraum von Wikimedia-Projekten verwendet werden.
Strategische Partnerschaften 75 (neue Metrik)
Strategische Partnerschaften, die zu längerfristigem Wachstum, Vielfalt und Nachhaltigkeit beitragen

Programmplanung 2022

Programm Freiwilligenunterstützung

„Wir unterstützen eine vielfältige Gemeinschaft von Freiwilligen, die über ein breites Spektrum an Kompetenzen verfügt und ein konstruktives Umfeld für bestehende und neue Mitwirkende bietet.“

Zentrale Handlungsfelder

1. Globale Strukturen
a. Strukturen für gerechte Ressourcenverteilung:
Unser Ziel ist es für 2022 eine effiziente administrative Infrastruktur für die internationalen Projekte WLM und CEE Spring zur Verfügung zu stellen und die ehrenamtlichen Projektteams bezüglich Verwaltungsaufgaben soweit als möglich zu entlasten. Wir ermöglichen darüber hinaus fallweise einen Basis-Support von Communitys in der MENA-Region und unterstützen die LGTBQ+-Communitys bei ihren nächsten Schritten.

b. Strukturen für internationale Zusammenarbeit:

Wir unterstützen die Implementierung der Internationalen Strategie für die Wikimedia-Bewegung auf mehreren Ebenen - die regionale Zusammenarbeit und Evaluierung sog. Hub-Strukturen in Nord-West- und Zentral- und Osteuropa ebenso wie die Erstellung der sog. Movement-Charter. Unser Ziel ist es, dass die Movement Charta genauso wie evtl neue Governance-b. Strukturen die Grundprinzipien der Subsidiarität, Selbstorganisation und Dezentralisierung aus den strategischen Empfehlungen im Ergebnis widerspiegeln. Dazu unterstützen wir den Prozess mit inhaltlicher Expertise und Erfahrungen aus den vorherigen Strategiephasen (Arbeitsgruppe für Roles and Responsibilities).
Wir bauen zudem unser Engagement für das Volunteer Supporters Network weiter aus, damit Kompetenzen und faire Rahmenbedingungen für die Freiwilligenunterstützung in der gesamten Wikimedia-Bewegung verbessert werden.
2. Qualitative Freiwilligenarbeit
a. Diversität:
Unser Ziel ist es, durch die proaktive Mitgestaltung der Spielregeln für Beteiligung, die Rahmenbedingungen für mehr Diversität in unseren Communitys zu schaffen. Wir unterstützen die Überwindung des Gender Gaps unter den Benutzer*innen, indem wir auf Vorbildwirkung und Sichtbarmachung setzen und bei von uns unterstützten Projekten einen Mindestanteil weiblicher und nicht-binärer Organisator*innen anstreben. Wir stärken im Wikiversum bestehende Netzwerke unterrepräsentierter Gruppen (insbesondere FemNetz, LGTBQ+) und machen diese sichtbarer, indem wir sie zur Mitgestaltung einladen, und erreichen damit auch die Bereicherung durch neue Blickwinkel und Expertise. Wir ermöglichen der eine Minderheit darstellenden österreichischen Community mehr Teilhabe in den deutschsprachigen Projekten, z.B. durch die Unterstützung der Beteiligung österreichischer Community Leaders an Gemeinschaftsaktivitäten im deutschsprachigen Raum (Reisekostenerstattungen, Einladung zu virtuellen Treffen) oder die Initiierung und Entwicklung eigener Formate für den gesamten DACH-Raum.

b. Kompetenzen:

Wir erkennen und würdigen die bestehenden breitgefächerten Kompetenzen unserer Community-Mitglieder und machen diese für andere sichtbar (z.B. durch Preise und Auszeichnungen). Wo gewünscht tragen wir zur Erweiterung des Spektrum an Kompetenzen in den Communitys bei - u.a. durch die Entwicklung von Workshop-Formaten und oder die Einbindung von Multiplikator*innen - und unterstützen so den erfolgreichen Einsatz für Freies Wissen.

c. Empowerment:

Wir geben unseren Freiwilligen Mittel an die Hand, als Teil unserer Bewegung aufzutreten und selbstorganisiert Aktivitäten durchzuführen, z.B. durch Mailadressen, Visitenkarten oder die Entwicklung eines Wikipedia-Botschafter*innen-Programms.
3. Quantitative Freiwilligenarbeit
a. Motivation:
Wir wollen, dass bestehende und neue Community-Mitglieder aktiv bleiben und durch ihr Vorbild andere zur Weiterarbeit motivieren. Dazu gehört die Unterstützung von Wettbewerbe und Projektideen aus der Community, sowie die Teilnahme an nationalen & internationalen Events. Wir sind stolz auf unsere Kultur der zwischenmenschlichen Wertschätzung (offenes Ohr, Aufmerksamkeit etc), die auch darauf wert legt, ehrenamtliche Leistungen sichtbar zu machen.

b. Vernetzung:

Unser Ziel ist es, die Kommunikation und insbesondere positive und wertschätzende Kommunikation in unseren Communitys erhöhen, sowie unter den bestehenden und neuen Freiwilligen Gefühl der Zugehörigkeit und Bindung zu entwickeln. Dazu unterstützen wir die Entwicklung von Peer-Gruppen online und offline.
4. Vertretung gegenüber Dritten
Es soll die Wertschätzung der Communitys und ihrer Arbeit in der Gesellschaft weiter erhöht werden sowie die Zusammenarbeit mit Dritten  (Partnerinstitutionen etc) ermöglicht werden. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf einer ausgewogene Berichterstattung über unsere Communitys in den Medien, durch proaktive Pressearbeit, Vorträge und direkte Ansprache von relevanten Institutionen.

Rahmenbedingungen

Unsicherheit und Komplexität

Unser Engagement im Rahmen der internationalen 2030 Strategie (Weiterentwicklung des Volunteer Support Netzwerks, regionale Hubs und Neuordnung der internationalen Governance-Strukturen) zeichnet sich vor allem durch Unsicherheit und Komplexität aus, entsprechend setzen wir hier auf nicht auf linear-kausale Planungstechniken, sondern einen ressourcenbasierten Ansatz im Sinne von Effectuation. Konkret bedeutet das für uns, dass wir unsere Stärken und Expertise (insbesondere in den Bereichen Communityarbeit und Governance) gezielt einsetzen, die verfügbaren zeitlichen und finanziellen Ressourcen quantifizieren, leistbare Verluste benennen und schließlich in Zusammenarbeit mit aufgeschlossenen Partner*innen unsere Ideen umsetzen und weiterentwickeln. Weitere Richtungsentscheidungen und Etappenziele werden zusammen mit den beteiligten Partner*innen diskutiert und entschieden. Effectuation ist eine somit eine iterative Methodik der kleinen Schritte und ermöglicht Innovation mit überschaubaren Risiken.

Covid-19 Pandemie

Ein wichtiges Instrument für unsere Arbeit mit den Freiwilligen ist unsere jährliche Communitybefragung. Hier war 2021 zum ersten Mal seit dem Start der Befragung in 2015 ein merkbares Absinken der Motivation unserer Ehrenamtlichen zu verzeichnen (70% statt 80%). Zusammen mit den Rückmeldungen zu anderen Themenkomplexen (Unterstützungsangebote, Freifeld für generelles Feedback etc) ergibt sich ein kohärentes über die negativen Konsequenzen der Pandemie für unsere Communitys. Insbesondere die persönlichen Treffen, der direkte Austausch auch offline mit dem WMAT-Team und anderen Freiwilligen sowie das Fehlen motivierender Ereignisse wie internationale Events wurden als Gründe angeführt. Verschärft wird die Situation durch die Tatsache, das selbst in Zeiten in denen aufgrund niedriger Inzidenzen mehr gemeinsame Aktionen möglich wären, WMAT als einzige Organisation im deutschsprachigen Raum an die nach wie vor global geltenden Beschränkungen der Wikimedia Foundation gebunden ist.  WMDE und WMCH können sich durch ihre Fundraisingprivilegien selbst finanzieren und sind nicht an Grants gebunden, an die diese Einschränkungen geknüpft sind. Das verschärft die ohnehin bestehende Marginalisierung der österreichischen Communitys im deutschsprachigen Raum. Unsere Erfahrungen und unsere Metriken der letzten 1,5 Jahre zeigen, dass unser Handlungsspielraum und damit das Erreichen unserer Ziele entscheidend von der weiteren Entwicklung der Pandemie und dem Umgang der Wikimedia Foundation mit dem Thema abhängig sein werden. Wir fordern, die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen zum Schutz der Angestellten und Freiwilligen nötig sind wieder zurück in die Hände der betroffenen Organisationen gegeben wird. Anders als zu Beginn der Pandemie, gibt es keine One-size-fits-all-Lösungen mehr, da sich das Infektionsgeschehen regional und lokal sehr unterschiedlich entwickelt.

Ausblick 2023-24

Für die kommenden Jahre erwarten wir Veränderungen vor allem hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Freiwilligenunterstützung. Während wir uns in Nord-West- und Zentral- und Osteuropa vermutlich noch stärker engagieren und vernetzen werden und damit auch unser gemeinsamer Handlungsspielraum wachsen wird, gehen wir davon aus, dass unsere direkte Beteiligung in anderen Regionen (MENA Region) eher abnehmen wird, da dort mittelfristig hoffentlich dort regionale Support-Strukturen aufgebaut werden. Wir möchten außerdem unsere Kooperation mit dem internationalen Team von Wiki Loves Monuments (WLM) vertiefen und auch hier mit neuen Möglichkeiten experimentieren. Konkret bestehen gemeinsame Pläne einen eigenen Teilzeitmitarbeiter für WLM International innerhalb der WMAT Organisation einzubetten, um dem internationalen Team noch besser administrativ unter die Arme greifen zu können, ohne dass dort eigene Verwaltungsstrukturen eingeführt werden müssen. Dazu gilt es gemeinsam neue Strukturen und Prozesse einzuführen, die eine solche geteilte Verantwortung ermöglichen. Ein weiteres Wachstumsfeld sehen wir in der Arbeit mit jungen Erwachsenen und einer Weiterentwicklung bestehender Konzepte wir Wikipedia For Peace. Hier gibt es enge Anknüpfungspunkte an Wachstumsfelder im Programm 3 (Universitäts- und Schulprojekte) sowie an die Fundraisingstrategie (Fördermöglichkeiten), die es ebenfalls auszuloten gilt.

Programm Freie Inhalte

„Wir unterstützen die Erstellung, Gewinnung und Verbreitung freier Inhalte, die das in der Gesellschaft verankerte Wissen in ihrer Vielfalt verlässlich abbilden. Außerdem möchten wir einen einfachen Zugang zu und eine einfache Nachnutzung von diesen Inhalten für alle gewährleisten.“

Zentrale Handlungsfelder

1. Quantität der Inhalte
a. Wikipedia:
Ziel ist der Ausbau bestehender und die Anlage neuer Artikel vor allem in der deutschsprachigen Wikipedia mit bewährten Methoden (Wettbewerbe, Edit-a-thons) sowie die Erprobung teilweise neuer Ansätze mit Workshop-Formaten zur Übersetzungen von Wikipedia-Artikeln in andere Sprachen, insbesondere kleinere Wikipedias.

b. Wikimedia Commons:

WMAT fördert die Gewinnung neuer Multimedia-Dateien über Fotowettbewerbe, Organisation von gezielten Community-Projekten (z.B. Wiki Takes Aktionen), Bereitstellung von hochwertigem Equipment (Fotoausrüstung, Scanner etc) sowie Zugang zu relevanten Veranstaltungen (Politik, Sport, Kultur etc). Einen weiteren Zugang bieten Content-Partnerschaften (Wikimedians in Residence).

c. Wikidata:

Gewinnung offener Daten über gezielte Community-Wettbewerbe (z.B. Museumstag), Workshops und Content-Partnerschaften (Wikimedians in Residence).
2. Qualität der Inhalte
a. Technische Standards:
Wir möchten mehr qualitativ hochwertige Inhalte fördern durch Anreize und niedrige Barrieren für handwerkliche Qualität und vielfältige Medienformate, durch Bereitstellung von hochwertigem Equipment sowie  Fortbildungs- und Vernetzungsangebote (z.B. Fotoworkshops, zur Erstellung und Einbindung von Audiodateien, Wikidata- und Wikipedia-Workshops für Fortgeschrittene etc).

b. Zuverlässigkeit und Verständlichkeit:

In der deutschsprachigen Wikipedia soll die Anzahl der als nicht zuverlässig, nicht gut belegt oder nicht verständlich gekennzeichneten Artikel verringert werden und die Verwendung hochwertiger Belege im Allgemeinen erhöht werden, um Desinformation entgegen zu wirken. Dazu unterstützen wir Community-Wettbewerbe zu deutschsprachigen Wikipedia-Artikeln mit diesbezüglichen Qualitätsmängeln (Wartungsbausteinwettbewerbe) und stellen Fachliteratur (gedruckt und online) bereit.

c. Inhaltslücken:

Ziel ist die Schließung von Lücken zu unterrepräsentierten Themen. Dazu gehören Kooperationen mit marginalisierten Gruppen (z.B. zu Frauenbiographien) genauso wie die Schließung geographischer Lücken über Wettbewerbe (WikiDaheim) und gezielte Aktionen (z.B. WikiTakes Projekte).  Bereitstellung oder Unterstützung von Plattformen für marginalisiertes, lokal relevantes Wissen aus Österreich, das (noch) keinen Platz in den Wikimedia-Projekten hat (v.a. über RegiowikiAT).
3. Weiternutzung und Partnerschaften
a. Weiternutzung:
Keine Aktivitäten für 2022 geplant. Ausbau in 2022/2023

b. Content-Partnerschaften:

Gezielter Aufbau und Pflege ausgewählter dauerhafter Partnerschaften, insbesondere mit Kultur-, Gedächtnisinstitution, z.B. im Rahmen unserer neuen virtuellen GLAM-Veranstaltungsreihe und Piloten für Wikimedian in Residence Programmen in Linz.

Rahmenbedingungen

Covid-19 Pandemie

Da Freie Inhalte zu einem guten Anteil das Ergebnis unserer Freiwilligenförderung darstellen, ergibt sich ein enger Zusammenhang mit den oben dargestellten Herausforderungen rund um Covid-19 und dem Ausmaß der Einschränkungen, die in dieser Hinsicht künftig zu erwarten sind. Ein mangelndes Interesse der oberen Führungsebenen an Digitalisierung im Allgemeinen und Skepsis gegenüber Freiem Wissen im Besonderen, waren bisher häufig große Hürden für erfolgreiche große GLAM-Projekte in Österreich. Hier lassen sich im Rahmen der Pandemie (hoffentlich nachhaltig) positive Entwicklungen erwarten, da viele Institutionen kreativer werden müssen, um ihrem Auftrag gerecht zu werden und Zugang zu ihren Inhalten auch unter erschwerten Bedingungen zu ermöglichen.

Ausblick 2023-24

Ausgehend von Pilotprojekten in 2022 (Wikimedians in Residence der Stadt Linz, virtuelle Kulturveranstaltungsreihe) möchten wir künftig Contentpartnerschaften in Österreich verstärkt vorantreiben, auch mit dem Ziel insbesondere Inhaltslücken in den Projekten zu schließen. Kultur- und Gedächtnisorganisationen, die dafür in Frage kommen gibt es zahlreich, bisherige Hürden sehen wir vor allem in einem Rückstand hinsichtlich Digitalisierung in vielen österreichischen Organisationen sowie mangelnden zeitlichen Ressourcen und Fertigkeiten (technische Expertise, Data Literacy) auf beiden Seiten. Hier gilt es über Förderungen und Partnerschaften die Handlungsspielräume zu erweitern. Ein weiteres Anliegen ist es uns, mittelfristig die Nachnutzung freier Inhalte auf breiter Basis in Österreich und Europa zu fördern, indem wir niedrigschwellige und verständliche Angebote und Leitfäden dazu erstellen und verbreiten.

Freies Wissen: Bewusstsein und Veränderung

„Gemeinsam mit Partner*innen möchten wir politische Veränderungen zugunsten Freien Wissens auf verschiedenen Ebenen mitgestalten und Menschen dabei unterstützen das Internet auch als offene und öffentliche Ressource zu nutzen.“

Zentrale Handlungsfelder

1. Politische und gesellschaftliche Interessenvertretung

a. Nationale Gesetzgebung:

Urheberrechtsnovelle (nationale Implementierung der EU-Richtlinie) darf  Freiem Wissen in Österreich nicht abträglich werden. Das bedeutet keine strengere Regelung als in EU vorgesehen und kein neues Urheberrecht auf Digitalisate zweidimensionaler gemeinfreier Inhalte. Zudem möchten wir im Rahmen des neuen ORF Gesetzes die Grundlage für mehr öffentlich-rechtliche Inhalte unter freier Lizenz schaffen. Eine wichtige Plattform für unsere Anliegen und zur Etablierung von breiten Allianzen und Partnerschaften zu diesem Thema sehen wir in der Ko-Organisation relevanter Events, wie den Netzpolitischen Abenden AT.

b. Europäische Gesetzgebung:

Im Mittelpunkt stehen 2022 der Digital Services Act (DSA) - hier insbesondere die Verteidigung communitybasierter Content-Moderation. Desweiteren setzen wir uns im Rahmen des AI Acts für Open Data und Open Source Lösungen bei Algorithmen ein. Außerdem gilt es die Entwicklung der E-Privacy und E-Evidence Richtlinien zu begleiten, insbesondere hinsichtlich der Kommunikation mit unserer Community und unseren Spender*innen.

c. Öffentliche Verwaltung:

Ein wichtiges Resultat unserer Arbeit ist die Verankerung von Freiem Wissen und WMAT als strategischem Ziel und WMAT als Partnerin in der Digitalstrategie der Stadt Linz. Daraus wollen wir Pilotprojekte kreieren, die Signalwirkung für andere Kommunen und Verwaltungen in Österreich haben.
2. Bildung

a. Universitäten:

Durchführung ausgewählter Pilotprojekte zu skalierbaren, eigeninitiativ betriebenen Lehrveranstaltungen an Hochschulen

b. Schulen:

Kein Schwerpunkt in 2022. Ausbau evtl geplant für 2022/23

Rahmenbedingungen

Advocacy

Dank stabiler strategischer Partner*schaften, rechtlicher Expertise im Vorstand und anderen Gremien sowie der verlässlichen Unterstützung der Kolleg*innen der Brüssler Free Knowledge Advocacy Gruppe, kann WMAT trotz schlanker Strukturen und ohne eigene bezahlte Stelle, effektive Advocacyarbeit leisten. Allerdings trägt dies nur im bisherigen Rahmen der mehr oder wenigen reaktiven Ausrichtung auf Gesetzgebungsprozesse, die direkte Auswirkungen auf unsere Projekte haben. 2021 starteten wir mit ORF.Wie Wiki unsere erste proaktive Kampagne, rund um die Wahl des neuen ORF-Chefs, um für mehr freie Inhalte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu werben. Möglich war dies nur durch ein Corona-bedingtes Finanzpolster (Gelder, die aufgrund der Restriktionen nicht anderweitig verbraucht werden konnten). Künftige Initiativen benötigen daher entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen (siehe Fundraising-Strategie).

Bildung

Unsere Universitätsprojekte möchten wir im Rahmen der neuen Strategie grundlegend auf den Prüfstand stellen und insbesondere kaum skalierbare, personalintensive Konzepte künftig nicht weiterverfolgen.  

Ausblick 2023-24

Advocacy

Mittel- bis langfristig verfolgen wir sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene einen proaktiveren Ansatz bei der Advocacy-Arbeit. Bisher reagieren wir vor allem auf Anlassfälle und Gesetzgebungsprozesse, die uns (häufig) negativ betreffen. Künftig soll die Agenda aktiv mitgestaltet werden, um das Internet im positiven Sinne frei und offen mitzugestalten. Wir möchten uns als Stimme von “Good-Tech” und selbstverwalteten Online-Communities positionieren. Dies erfordert verstärkte inhaltliche Arbeit, ebenso wie nachhaltige Präsenz in und um Verhandlungen. Dazu müssen wir weiterhin verstärkt auf Synergien durch Partnerschaften bauen und zusätzliche Ressourcen aufstellen, was sich insbesondere im europäischen Kontext anbietet.

Bildung

Unsere Bildungsprogramme müssen auf eine neue, selbsttragende und skalierbare Basis gestellt werden. Dazu arbeiten wir 2022 aktiv mit bestehenden und neuen Partner*innen zusammen und leiten daraus Schritte für die Folgejahre ab. Im Rahmen unseres Strategieprozesses hat sich darüber hinaus herauskristallisiert, dass die Förderung Freien Wissens in der Gesellschaft kohärenter Weise bereits in der Schulbildung ansetzen sollte. Abgesehen von einigen Einzelinitiativen in der Vergangenheit, wäre ein skalierbares Konzept für Schulen eine komplett neues Handlungsfeld für uns, das sich nur mit entsprechenden Partner*innen erreichen lässt. Im Raum steht daher die Einführung einer neuen Expert*innengruppe für Strategische Partnerschaften mit einem Schwerpunkt im Bildungsbereich, um Möglichkeiten und tragbare Konzepte im Sinne eines ressourcenbasierten Effectuation-Ansatzes zu erarbeiten und evaluieren.

Fundraisingstrategie

„Das vollständige Erreichen unserer strategischen Ziele setzt zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen voraus. Diese Ressourcen wollen wir auf breiter Ebene generieren, wobei wir neben einer Grundfinanzierung aus den Mitteln des internationalen Fundraisings auf Dauer- und Einzelspenden, öffentliche Förderungen, Sponsoring und Sachleistungen von Partnerorganisationen setzen.“

Das kurzfristige Ziel unserer Fundraisingstragie für 2022  ist die Erhaltung der gegenwärtigen Einnahmenstruktur durch Wikimedia-Gelder, Einzelspenden, Sachspenden sowie Drittmitteln aus öffentlichen Förderungen (Erasmus+, Stadt Wien etc). Eng damit verbunden ist das Ziel der politischen Unabhängigkeit, das sich einerseits aus dem Charakter der um größtmögliche Neutralität bemühten Projekte und Communitys ergibt, die wir unterstützen. Andererseits, waren die letzten Jahre in Österreich geprägt von einer wenig stabilen politischen Lage, die von einigen Parteien auch zu erheblichen Einschränkungen für die Zivilgesellschaft genutzt wurde (shrinking civil society spaces), ein Phänomen, das viele westliche Demokratien vor große Herausforderungen stellt. Ein weiteres Kriterium für die Akquirierung von Drittmitteln der öffentlichen Hand, ist der damit verbundene administrative Aufwand für die jeweiligen Grants, der in einem gesunden Verhältnis zur Summe und unseren administrativen Ressourcen stehen muss.

Da die Stiftungslandschaft in Österreich im Vergleich zu Nachbarländern wie Deutschland und der Schweiz wenig ausgeprägt ist, bleibt insbesondere das direkte Fundraising von Kleinspenden als unabhängige Finanzierungsquelle. Allerdings führt auch hier die mangelnde Spendenabsetzbarkeit zu Nachteilen, was gute und nachhaltige Spender*innenkommunikation umso wichtiger macht (das Spendenaufkommen in Österreich ist wesentlich geringer als im restlichen DACH-Raum, vgl Spendenbericht 2020). Als einziges deutschsprachiges Chapter genießt WMAT hier allerdings nicht das Privileg Wikipedia-Banner zu diesem Zwecke zu nutzen, was erhebliche Nachteile und Marginalisierungen mit sich bringt.

Daher ist das langfristige Ziel für uns die Ungleichheiten in diesem Bereich abzubauen: durch Zugang zu den Daten der österreichischen Spender*innen, um eine auf lokale Bedürfnisse und Aktivitäten zugeschnittene Kommunikation und darauf aufbauende Beziehungen mit Spender*innen aufzubauen. Zusätzlich die direkte Ansprache potentieller neuer Spender*innen in Österreich über die Banner in den Projekten. Hier setzen wir stark auf die Dezentralisierungsprozesse im Rahmen der internationalen Strategie und die Möglichkeit diese Aktivitäten über gemeinsame Strukturen in Europa zu lösen (d.h. Fundraising-Services im Rahmen künftiger Hubs). Der Vorteil wäre, dass statt zusätzlicher Parallelstrukturen  bereits bestehende Expertise (bei WMCH und WMDE) breiter genutzt werden könnte.

Ebenfalls auf europäischer Ebene sehen mittel- bis langfristig Potenziale für mehr gemeinsam (mit anderen Wikimedia-Organisationen, anderen Partnerorganisationen oder like-minded Communitys) akquirierte öffentliche Förderungen im Rahmen europäischer Programme. Insbesondere im Bereich proaktiver Advocacy-Arbeit sowie Erasmus+ für Projekte mit jungen Erwachsenen. Dafür könnten zum Beispiel bereits erfolgreich geförderte Ansätze wie “Wikipedia for Peace” ausgebaut werden. Potenzial für Drittmittelförderungen (Bund und Land) sehen wir außerdem auch im Bereich der Contentpartnerschaften, die ohne zusätzliche personelle Kapazitäten nicht in dem Maße ausgebaut werden können, wie es die Möglichkeiten der hiesigen Kulturlandschaft erfordern.

Strategie für ökologische Nachhaltigkeit

Ein weiteres Querschnittsthema für unsere strategische Planung in den kommenden Jahren ist das Thema ökologische Nachhaltigkeit: Wikimedia Österreich möchte ihren Teil zur Bekämpfung der Klimakrise beitragen und in der Diskussion mit unseren verschiedenen Bezugsgruppen haben wir folgende Handlungsfelder identifiziert:

  • Stromversorgung: Wikimedia Österreich wird 2022 auf Ökostrom umsteigen.
  • Reisen: 2022 soll unsere Reisekostenrichtlinie überarbeitet werden um klimaschonenderes Reisen vermehrt zu fördern.
  • Events: Wikimedia Österreich hat frühzeitig und professionell im Rahmen der Pandemie die Rahmenbedingungen und Infrastruktur für Online-Events ausgebaut. Diese Expertise möchten wir auch in Zukunft, wenn Einschränkungen durch die Pandemie weniger werden, beibehalten und zielgerichtet für nachhaltige Eventkonzepte zum Einsatz bringen. Allerdings sehen wir auch klar den Mehrwert persönlicher Treffen für unsere Communities und die Notwendigkeit für die jeweiligen Anlässe und Ziele die passenden Formate zu finden und zu fördern.
  • Arbeitsgruppe: Das Thema Nachhaltigkeit sehen wir als anhaltenden Prozess und ganzheitliche Aufgabe, daher wurde unsere Expert*innengruppe Organisationsentwicklung damit betraut, Maßnahmen zu erarbeiten, die nachhaltige Prozesse und Verhaltensweisen im Alltag fördern.