Projekte/Wikimania 2014/Berichte
Berichte von WMAT-Stipendiaten und -Mitarbeitern zur Wikimania 2014 in London.
Raimund Liebert (WMAT)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
- Vorgriffe auf Bildungsrevolutionen im wp:kurier-Extrablatt zur Wikimania 2014
Kurzes Statement zur Wikimania 2014 insgesamt
Meine erste Wikimania. Ich war als Angestellter von Wikimedia Österreich dort. Besonders im Vorfeld habe ich öfters Vorbehalte gehört, dass die Programmgestaltung zu sehr auf die Wikimedia Foundation und die Chapter zugeschnitten sei und sich zu wenig mit dem „Alltagsgeschäft“ des Erstellens einer Online-Enzyklopädie durch Freiwillige befassen würde. Zumindest in einer Hinsicht kann ich das relativieren: Ich habe viel Interessantes erfahren, dass ich für meine Chapter-Arbeit nicht unmittelbar brauchen kann, dass mir aber den Blick auf die Wikipedia und ihre Schwesterprojekte weiter geöffnet hat. Ich hatte zudem das Glück, (im Rahmen der Pre-Conference-Tage) selbst eine Veranstaltung abhalten zu können, mit deren Ergebnis ich sehr zufrieden bin. Dank der großen internationalen Auswahl an Gesprächspartnern und Gesprächsthemen konnte ich nach Lust und Laune entscheiden, ob ich gerade lieber über Wikipedia-Interna oder Wikimedia-Interna reden wollte. Hoch anzurechnen ist den Organisatoren, dass das große Chaos ausgeblieben ist und dass die Einzelveranstaltungen pünktlich angefangen haben. Atmosphärisch meinte ich des öfteren eine ungelöste Spannung zwischen Anspruch (wichtigstes Jahresevent jener, die zu den überhaupt Wichtigsten der Welt zählen) und Wirklichkeit (sympathische Studentenveranstaltung mit gelegentlicher Volkshochschulatmosphäre) zu spüren. Danke für viele interessante Stunden, Wikimania, aber da ist noch Luft nach oben.
Claudia Garád (WMAT)
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Ein wesentliches Ziel in diesem Jahr war, das Open Data Portal (ODP) zu promoten, da auch meine Konferenzteilnahme aus dem netidee Grant finanziert wurde. Unsere Session wurde glücklicherweise in letzter Minute noch angenommen, die Vorbereitung und Abstimmung mit meinen Co-Referenten Manuel und Stefan erfolgte daher leider unter Zeitdruck (was unserer Kreativität nicht geschadet hat => Vortragstitel: "The First Unicorn - an Open Data Fairy Tale made in Austria"), doch das Feedback der rund 30 Teilnehmer auf den Vortrag war überaus positiv, trotz zusätzlich unglücklicher Rahmenbedingungen (letzter Vortrag des Tages, Parallelslots zu ähnlichen Themen, unsere Session insgesamt zu heterogen von den Inhalten). In zahlreichen Gesprächen am Rande der Konferenz, durch Social Media Aktivitäten und Auslegen von Give-aways an unserem Stand im Community Village konnte ich über die Präsentation hinaus noch weiter Aufmerksamkeit für das Projekt schaffen.
Kurzes Statement zur Wikimania 2014 insgesamt
Im Vergleich zum letzten Jahr - als meine Teilnahme mir noch hauptsächlich dazu diente mich inhaltlich und organisatorisch zu orientieren - war mein Terminplan für London ungleich voller und vielfältiger gefüllt. Neben dem Vortrag zum Open Data Portal war ich noch aktiv an zwei weiteren Beiträgen beteiligt: Zum einen unterstützte ich inhaltlich und organisatorisch die zweite Auflage des Board Trainings im Rahmen der Pre-Conference. Die Trainings sind eine direkte Folge von Vernetzungs- und Brainstormingaktivitäten der letzten Wikimania, daher war es besonders schön zu sehen, wie weit sich diese Idee durch das Engagement unserer internationalen Projektgruppe im letzten Jahr entwickelt hat. Wie auch bei der ersten Auflage im März, waren alle Plätze ausgebucht und das Feedback der Teilnehmer erneut sehr zufriedenstellend. Zum anderen folgte ich der Einladung der Kollegen der Wikimedia Foundation als Panelistin unsere Erfahrungen im Bereich Grantmaking zu teilen. Das Panel war gut besucht und die Diskussionen und Beiträge seitens Panlisten und Publikum interessant und zahlreich und unsere Erfahrungen als eines der kleineren FDC geförderten Chapter sehr gefragt. Als Zuhörer konnte ich leider nur eine Handvoll Sessions besuchen, die meiste Zeit verbrachte ich in größeren und kleineren Besprechungen und Meetings mit Vertretern der Foundation und anderer Chapter (z.B. WMDE und WMCH bzgl. gemeinsamer Jahresplanung 2015). Dazu gehörte auch ein Arbeitstreffen und Dinner mit den Geschäftsführern der anderen Chapter, in dessen Rahmen ein erstes kennenlernen mit der neuen WMF Geschäftsführering Lila geplant war. Krankheitsbedingt fiel dieses Kennenlernen jedoch leider sehr knapp aus (ca. 30 Minuten) und es bestand keine Gelegenheit zu einem weitergehenden Austausch.
Das Besondere an dieser Wikimania war für mich, dass sie nicht nur als Klassentreffen der Wikimedianer angelegt war, sondern als Outreach Event für die weitere Open Culture Community. Inwiefern das für die Gesamtveranstaltung gelungen ist, lässt sich ohne Bericht der Veranstalter schwer einschätzen, aber aus österreichischer Seite konnten wir das Motto sehr gut unterstützen und umsetzen: Drei Österreicher aus der Open Culture Bewegung waren dank unserer Vernetzungsaktivitäten in London vor Ort und konnten die Veranstaltung durch ihre Expertise bereichern: Thomas Lohninger, einer der aktivsten und erfolgreichsten Österreicher im Bereich EU-Lobbying für Freies Internet, erhielt ein WMAT Stipendium und konnte damit Dimis Aktivitäten der EU Advocacy Group unterstützen. Stefan Kasberger von der Open Knowledge Foundation (OKFN) war über das Open Data Portal involviert und konnte sich darüber hinaus zu diversen Tech-Themen und Open Science einbringen. Berhard Krabina (OKFN / KDZ) war auf eigene Faust vor Ort und bewarb mit uns gemeinsam die Semantic Media Wiki Konferenz in Wien im Oktober und brachte sich in der neu gegründeten Gruppe "MediaWiki Group Wiki Co-op" ein, die sich als offizielle Usergroup bei der AffCom bewerben möchte. In allen drei Fällen wurden über die Wikimania wichtige Impulse für weitergehende Kooperationen und gemeinsame Projekte gesetzt.
Plani
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Gleich schon am ersten (Programm-)Tag der diesjährigen Wikimania in London fand für mich als angehender Jurist ein absolutes Highlight statt. Tobias Lutzi, ein junger deutscher Rechtswissenschaftler und Universitätsassistent an der Universität Köln, sprach zum Thema Which law applies to Wikipedia?, also übersetzt Welches Recht gilt für die Wikipedia?. Diese Frage ist insofern spannend, als dass es sich dabei um eine zentrale Frage des internationalen Kollisionsrechts handelt. Unter Kollisionsrecht versteht der Jurist all jene Regelungen, die dann greifen, wenn Sachverhalte von nationalen Gerichten entschieden werden müssen, aber internationalen Charakter haben (etwa wenn die Streitparteien unterschiedliche Wohnsitze haben). Dem entsprechend beantwortete Lutzi bereits Eingangs die von ihm aufgeworfene Frage mit der reichlich unbefriedigenden aber juristisch korrekten Antwort: "All of them.", also Alle, die es gibt.
Tatsächlich ist es jedoch so, dass insbesondere zwei Rechtskreise für die Arbeit in der Wikipedia von Bedeutung sein dürften. Zum einen kommen die Regelungen des US-Bundesstaats Kalifornien, in dem sich der Hauptsitz der Wikimedia Foundation und damit des Seitenbetreibers von Wikipedia, befindet jedenfalls zur Anwendung. Das ist zum einen gut und zum anderen Schlecht. Gut daran ist, dass in den Vereinigten Staaten die freie Meinungsäußerung sehr weitreichend ausformuliert ist und daher unter diesem Titel kaum erfolgreiche Klagen nach amerikanischem Recht zu erwarten sind. Weit negativer sieht es im Hinblick auf den Schutz geistigen Eigentums und das Urheberrecht aus, wo der amerikanische Gesetzgeber unter anderem unter Druck der Unterhaltungsindustrie recht restriktive Regelungen geschaffen hat.
Ergänzend dazu sind für den einzelnen Wikipedia-Autoren aber auch die Rechtsvorschriften seines eigenen Herkunftslandes zu beachten, die zum Teil erheblich schärfer ausgestaltet sein können, wie jene in den USA. In Österreich kommen hierbei insbesondere die Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Bezug auf Persönlichkeitsrechte, Beleidigungen, üble Nachrede etc. zur Anwendung. Eine gemeinsame Betrachtung beider Rechtskreise beantwortet für den gemeinen österreichischen Wikipedianer schließlich wohl zumindest zufriedenstellend wenn auch nicht gänzlich korrekt die Frage Welches Recht gilt für die Wikipedia?.
Kurzes Statement zur Wikimania 2014 insgesamt
Die Wikipedia der digitalen Vernetzung - so könnte man für mich die heurige Wikimania 2014 in London überschreiben. Mehr als 20.000 Tweets wurden im populären Kurznachrichtendienst Twitter über und während der Wikimania geschrieben. (siehe Quelle) Der weitaus größte Teil davon stammte von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, den Organisatoren und den Vortragenden. Während jeder einzelnen Präsentation waren die Leute am twittern. So auch ich. Im Rahmen der diesjährigen Konferenz schrieb ich gut 200 Tweets aus allen Veranstaltungen, die ich besuchen durfte, vernetzte mich so mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und kommunizierte auch weit über den Kreis der aktiv Teilnehmenden hinaus.
Auch abseits der Sozialen Medien war für mich wie schon letztes Jahr der erfüllendste Teil der Wikimania das persönliche Gespräch mit anderen Teilnehmern aus aller Welt. Neue Einsichten in bekannte Probleme aus der eigenen Sprachversion zu bekommen ist jedes Jahr aufs neue spannend. Von Singapur über Irland, Italien und die Vereinigten Staaten bis hin zu Wikipedianern aus meiner eigenen deutschsprachigen Umgebung reichte die geografische Verteilung meiner Gesprächspartner. Jedes einzelne dieser Gespräche war anregend und bereichernd, weshalb ich mich immer besonders auf die Pausen zwischen den Präsentationen und Workshops freute.
Hubertl
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Ich hätte gerne darüber berichtet, was die Teilnehmer meiner angemeldeten Präsentation erfahren haben, aber erst am Sonntag, dem 3. August, zwei Tage vor der Abreise nach London, waren offenbar die Veranstalter erst so weit mir mitzuteilen, dass die Vorstellung unseres Projekts: Language and Dialect Database - A GLAM Project with Austrian Academy of Science nicht ausreichend interessant ist. Welche Vorstellungen es dabei gibt, wie Menschen ihre Zeit zu organisieren gewöhnt sind, das lässt mich ärgerlich zurück.
Ich war als Panel-speaker bei der Pre-Conference zum Thema Education eingeladen, die insgesamt 45minütige Veranstaltung bestand darin, dass eine gewisse Floor Koudijs die Sache in die Hand nahm, die vier vorne sitzenden Redner sich vorstellen ließ, dann wurden alle ca. 30 Teilnehmer im Raum ebenso eingeladen, sich vorzustellen, dann gab es eine Erklärung einer Mitarbeiterin der Wike Education Foundation zum Thema Wikipedia welche ich dann damit rasch verkürzte, dass ich sie fragte, ob sie selbst je schon einen Artikel geschrieben hätte. Damit war aber im Wesentlichen auch die Veranstaltung vorbei, von Panel-Diskussion keine Spur. Dass ich mich im falschen Film wähnte, ist wohl vorstellbar.
Was mich aber freute war, dass das Haeferl mit ihrem Kochprojekt im August letzten Jahres fast zum cooolsten Projekt des gesamten vergangenen Jahres gekürt wurde, leider war ich nicht dabei, weiß auch nicht, wie die Auswahl tatsächlich zustande kam. Jedenfalls hatte es Claudia noch schnell eingereicht.
Kurzes Statement zur Wikimania 2014 insgesamt
Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich wahrscheinlich keine Lust mehr haben werde, an derartigen WMF-Großveranstaltungen teilzunehmen. Zweifellos war das Spektrum der Vorträge sehr weit gestreut und durchaus anhörenswert. Aber wie es sich gerade in der allgemeinen Diskussion um das Verhältnis WMF vs. Community auf bestürzende Weise zeigt, hat diese Wikimania die Tendenz bestätigt, dass die Community - sprich die Summe der Autoren - als drittrangig von der Foundation, aber auch von den Chaptern gesehen wird. Das zeigte sich alleine in den genehmigten Vorträgen, welche - soweit ich es bislang analysiert habe - von deutlich mehr als 60% von bezahlten Leuten entweder aus der Foundation oder den Chaptern gehalten wurde. Eine genaue Analyse will ich noch machen. Wir Autoren sind halt Verfügungsmasse, die aktuelle Stimmung in den Communities spiegelt genau das wider. Mangels Erfahrung mit bereits vergangenen Wikimanias, kann ich aber nur von London sprechen.
Man spürt deutlich das Leitungsvakuum in der Foundation, welches die technischen Verantwortlichen an die Oberfläche spült (siehe Visual Editor, Mediawiki-Viewer etc), welche es sich dann auch anmaßen, damit auch gleich die politische Linie vorgeben zu können. Zwei Auftritte von Lila Tretikov waren annähernd nichtssagend - wenn auch bemüht -, die Auftritte von Herrn Wales muss man fast als Pflichtübung und fast schon als peinlich einstufen.
Dafür gab es am Eröffnungsabend Fangekreische für den extra für die gesamte Dauer des Treffens als Gockel verkleideten Konferenzdirektor (ja, genau das gab es, Fangekreische!), der trotz gänzlicher Unerfahrenheit was Wikipediaarbeit betrifft, es dann doch versuchte. Nämlich, den ca. 1000 Anwesenden im Saal Wikipedia zu erklären. Auch das schon fast ans Absurde grenzend. Eine Erfahrung, die ich im Laufe der Konferenz mehrfach machte, dass Leute ohne jegliche Wikipediaerfahrung Wikipedianern Wikipedia erklären.
Das Gerücht, dass wir Autorenschwund hätten, wurde von Lydia Pintscher mit einem Satz widerlegt, dass, seit man in Wikidata editieren darf (etwas mehr als ein Jahr), es 10.000 neue Autoren gibt, andere meinen, sie hätten 13.000 gehört. Immerhin, es war in einem Saal mit fast 300 Zuhörern, auch hier ansatzweise Fangekreische (sic!). Da damit ja alle Probleme von Wikipedia aus der Welt geschafft sind, bin ich aufgestanden und versuchte den Ausgang zu finden, was mir durch spontanes, konvulsives Kopfschütteln etwas schwer fiel.
Ansonsten alles sehr englisch, wenn es Kaffee gab (zeitlich streng limitiert!), dann gab es den auch nur ab 13 Uhr Punkt, wenn im Programm 13 Uhr stand. Das dann für ein paar Minuten, dann wurde die Kaffeeausgabestelle wieder geschlossen. Dann gab es Flüssigkeit, welches wohl durchsichtig, aber geschmacklich erschreckend war, wenn man österreichisches Wasser gewöhnt ist. Nichts sonst zwischendurch.
Insgesamt war die Organisation bis auf das Catering in Ordnung (ich will aber nicht die Komplexität unterschätzen!), der Tagungort war großzügig (keine leichte Aufgabe, wenn man mit 2000 Teilnehmern rechnen muss), das Wetter ok, die Queen leider unabkömmlich und der Hyde-Park, wie an jedem anderen Tag auch, geöffnet. Demokratie ist offenbar schon abgeschafft, denn es verirrte sich kein Speaker in den Corner, was möglicherweise auf die gefühlten 30 Videokameras zurückzuführen ist, welche wirklich alles und jeden erfassen. Auf der Oxford Street fahren die roten Doppelstockbusse immer noch im Schritttempo hintereinander, da hat sich seit 40 Jahren nichts verändert, das U-Bahn-System ist schwer durchschaubar und zu 90% nicht barrierefrei. Die Preise sind hoch, das Frühstück sehr gut und englisch, ein gemeinsames erstes Abendmahl der Österreicher bewies, dass es noch Fisch in den Weltmeeren gibt und dass es sogar in London Menschen gibt, welche diesen hervorragend zubereiten können, speziell wenn diese gar keine Londoner sind. Serviert wurde das von einer ausgesprochen herzigen deutschsprechenden Rumänin, welche von englischen Männern nichts hält.
Ganz positiv für mich waren aber - wie gewohnt und nicht anders erwartet - die Ösis. Bemerkenswert nett auch die Wikipedianer aus Armenien (es waren gleich vier davon da). Ich würde gerne einmal dorthin fahren!
Den größten Benefit aus dieser Veranstaltung zog ich aus Gesprächen mit Personen, welche ich sonst wohl kaum getroffen hätte, es waren Leute aus der Foundation - interessanterweise aus der ersten Reihe. Da hat man den Eindruck, dass man nicht mit Luft spricht. Ob das stimmt, werden die nächsten Wochen zeigen. Ansonsten hat man den Eindruck, dass Leute, welche sich aus der Community heraus dann in den Nahbereich der Foundation hin bewegen, nach spätestens einem Jahr vergessen haben, was sie a) versprochen haben zu tun (als Board-Mitglied) und b) höchst bemüht sind zu erklären, dass wir, die Community eigentlich die Welt ganz falsch sehen.
MFleischhacker
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Am Samstagmorgen besuchte ich eine Präsentation mit dem spannenden Titel Creative Ways to Alienate Women Online: A How-to Guide for Wikipedians! Maryana Pinchuk und Steven Walling verrieten, wie jeder Wikipedianer mit zwölf simplen Tricks dazu beitragen kann, den Frauenanteil in unserem Projekt (den sie derzeit auf etwa 16% schätzen) nicht noch weiter anschwellen zu lassen. Wenn wir uns nur etwas bemühen bzw. großteils eigentlich bestehendes Verhalten beibehalten, schaffen wir ein für Frauen derart abweisendes und vergiftetes Klima, dass nicht noch mehr von ihnen auf die irre Idee kommen, bei uns mitarbeiten zu wollen. Zu meiner Überraschung hatte ich die Intention des Vortrags aber offenbar falsch verstanden ;) (nein, natürlich nicht).
Die Vortragenden wollten Verhaltensweisen gegenüber Frauen aufzeigen, die in der unserer stark männerdominierten Wikipedia durchaus verbreitet sind und durch die diese oft abgeschreckt oder gar wieder vertrieben werden. Beliebt scheint es etwa zu sein, grundsätzlich bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen, Frauen könnten in der WP nicht sinnvoll beitragen. Sollte das das in einem speziellen Fall widerlegt werden, wird oft angenommen, ein Mann habe der Frau wohl gezeigt, wie's geht. Überhaupt wird zunächst einmal von jedem neuen Benutzer ohne eindeutigen Namen angenommen, er sei ein Mann, und dann auch entsprechend angesprochen. Dass Mitarbeiterinnen hier eine seltsam zu beäugende Anomalie sind, wird dir als Frau gleich zu Beginn vermittelt. Ebenso wird „Frauenthemen“ generell weniger Bedeutung zugemessen, was bei der momentanen Zusammensetzung der Community nicht verwunderlich ist. Bereiche wie etwa Mode sind in der Folge gegenüber bei Männern beliebteren Komplexen wie Sport stark unterrepräsentiert. Entsprechend werden Beiträge von Frauen zu Frauenthemen auch als weniger wichtig/relevant wahrgenommen. Trauriger Tiefpunkt im Umgang mit Frauen sind natürlich offen sexistische Beleidigungen, tlw. auf niedrigstem Niveau die besonders in Konfliktsituation gelegentlich hervortreten. Wir müssen es schaffen, ein für Frauen freundlicheres Klima im Projekt zu schaffen, und vor allem auch jenen, die ein solches unmöglich machen, offen entgegentreten. Ansonsten kann (mit einem 85%-Männeranteil und den Folgen) auch der Anspruch, die Welt in unserer Enzyklopädie realistisch abzubilden, nicht verwirklicht werden.
Kurzes Statement zur Wikimania 2014 insgesamt
Es war meine dritte Wikimania, und wieder war natürlich vieles anders. Das Barbican Centre als Veranstaltungsort spielt wirklich alle Stückerl, etwas besseres wird sich kaum noch wo finden lassen. Alles in einem Gebäude untergebracht, teilweise richtige Hörsäle für die Sessions und auch sonst gut ausgestattete Räume, die (meist sonnenbeschienene) Lakeside Terrace als zentraler Treffpunkt, an dem man zu jeder Zeit auch ein paar fellow Austrians finden konnte. Ein echtes Highlight war das auch für uns zugängliche Tropenhaus, dessen entspannende Atmosphäre man in den Pausen genießen konnte (sofern man sich nicht von den blutdürstigen Eichhörnchen attackieren ließ). Was beim dritten Mal halt auffällt ist, dass sich bestimmte Präsentationen Jahr für Jahr wiederholen, was natürlich etwas unspannend ist. Die Qualität war aber durchgehend bemerkenswert hoch. Die Organisation dürfte auch gut geklappt haben (was bei einem solchen Megaevent sicher nicht einfach ist), selbst wenn sich, wohl aufgrund der Vereinbarungen mit dem Barbican, die eine oder andere Absurdität einschlich: So wurden Kaffee und Tee nur in den Pausen ausgeschenkt, obwohl sich Getränke und Mitarbeiter die ganze Zeit über an ihren Plätzen befanden. Zwei Minuten vor elf hieß es dann halt höflich, aber bestimmt „not yet“ ;)
Der eigentlich wichtigste Aspekt jeder Wikimania, das eifrige Kontakte-knüpfen mit anderen Wikipedianern aus der ganzen Welt, kam natürlich auch nicht zu kurz. Ihre Erfahrungen und Probleme sind großteils auch unsere Erfahrungen und Probleme, zu einem kleineren Teil aber auch völlig anders gelegen. Man profitiert mit jeder zusätzlichen Sichtweise – naja, nicht direkt mit jeder, manche haben auch erstaunlich wenig Ahnung, aber ihr wisst, was ich mein. Auch recht prominente österreichische Wikipedianer durfte ich erstmals kennenlernen, wofür ich besonders dankbar bin. Insgesamt erneut eine sehr bereichernde Erfahrung, und hoffentlich auch nicht meine letzte.
Karl Gruber
Wikimania 2014 in London: Das erste Mal bei der Wikimania war dieses Eventsicher auch für einen doch schon langjährigen Autor eine neue Erfahrung, wofür ich mich gleich zu allererst bei WMAT für das Stipendium bedanken möchte, ohne dem der Besuch nicht möglich gewesen wäre.
Doch nun zu den inhaltlichen Erfahrungen, die sehr gemischter Natur waren. Wie zu Hause ist Netzwerken eine sehr positive Erfahrung, da ich auch hier sehr viele neue Leute kennenlernen durfte und ein Erfahrungsaustausch nicht nur über Landesgrenzen sondern auch über Sprachgrenzen immer positiv ist. Egal ob es über GLAM und Fotoprojekte war, über inhaltliche oder organisatorische Fragen diskutiert wurde, waren da sehr viele positive Erfahrungen zu machen.
So waren sehr viele Diskussionen über Möglichkeiten der Klimaverbesserung innerhalb der deutschsprachigen Wikipedia. Immer wieder kam auch auf die Sprache auf die „Mitarbeit“ der IP-User im Metabereich, der sehr oft als nicht hilfreich gesehen wurde. Allerdings bestand auch immer wieder die Meinung, dass eine Änderung des Regelwerkes praktisch aber nicht durchführbar sei.
Zu den zahlreichen Vorträgen kann ich leider nicht viel berichten, denn wenn jemand schreibt, im Wikimania-Kurier unter „Keine Angst vor Englisch“, so muss ich dem schärfstens widersprechen. Ich gebe zu, dass ich die Sprache nicht so gut beherrsche, wie manche oder (viele) andere. Aus diesem Grund versuchte ich zwar ein paar Slots zu besuchen, gab es aber bald auf. Bei diesen wenigen konnte ich auch beobachten, dass sich einerseits die muttersprachlichen English-Speaker keineswegs bemühten, sich verständlich auszudrücken, sondern schauten, dass sie ihren Text durchbrachten, ob verstanden oder nicht, und sich daher auch andererseits zahlreiche Zuhörer eher auf die Folien oder Fragen des Nachbarn beschränkten.
Aus meiner Zeit meines Berufslebens, wo ich auch ähnliche Konferenzen besucht habe, erlebte ich allerdings nirgends, dass bei der Anzahl und Vielfältigkeit der Zuhörer auf Dolmetscher und Headsets verzichtet wurde. Meine Intention wäre daher, bei Wikimanias auch auf diese Hilfsmittel zurückzugreifen, da ich bei Durchführung nach dieser Art einen Ausschluss von sehr viel Wissen von Benutzern sehe, die eben die Sprache nicht beherrschen und eben entweder die Vorträge nicht verstehen oder sie oder die ganze Wikimania aus diesem Grund nicht besuchen. Es gehen sicher auch Inhalte verloren, wenn man als Vortragssprache nur Englisch erlaubt und dadurch viele Benutzer abhält, Wissen weiter zu geben.
Auf der einen Seite stolz zu sein auf die Vielfalt der Sprachen, wie es Wikipedia tut, andererseits aber sich auf der Konferenzsprache der Amerikaner einzuigeln, finde ich schon fast wie „Wasser predigen und Wein trinken“.
Trotz dieser nicht ganz optimalen Voraussetzungen für den Besuch, der natürlich auch auf meine zu geringen Sprachkenntnisse zurückzuführen sind, möchte ich mich für die Betreuung in finanzieller und organisatorischer Hinsicht, die auch mir von WMAT zuteil wurde, bedanken und möchte diesen Besuch nicht missen.
AleXXw
Bericht von einer Einzelveranstaltung
Aus den vielen interessanten Veranstaltungen, die ich besuchen durfte, eine auszuwählen ist schwieriger als erwartet. Neben vielen großartigen Vorträgen ist ist vor allem auch das Board Training eine nähere Erwähnung wert. Nichtsdestotrotz habe ich, aufgrund der für mich starken Relevanz für Österreich, mich für den Vortrag "Small is beautiful - GLAM in small museums" von Andy Mabbett / User:Pigsonthewing entschieden. Andy hat in bekannt humoriger Weise seine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit "kleinen" Museen erzählt, seinen Beispielen kann man auch auf Österreich umgelegt einiges abgewinnen. So legt er zwar dar dass die großen GLAM-Kooperationen (wie etwa mit dem British Museum oder dem Dutch National Archive) nicht nur ihre Berechtigungen haben sondern vor allem auch, neben einer nicht unerheblichen Außenwirkung, eine große Anzahl an freien Werken bringen können. Dabei gibt es allerdings einige zu überwindende Probleme. Das größte ist es wohl an die wirklich großen Institutionen heranzukommen und die Verantwortlichen zu überzeugen, ein anderes einen geeigneten Wikipedian in Residence zu finden und unter Umständen zu finanzieren.
Andy schlägt daher vor kleinere Museen, Archive etc. nicht außer acht zu lassen. Diese sind, seiner Erfahrung nach, oftmals sehr interessiert ihr Themengebiet zu präsentieren und stehen hilfreich zur Seite. Zudem finden sich dort oft verborgene Schätze, die in größeren Institutionen oft nicht vorhanden oder ausgestellt sind. Er nannte dafür zwei plakative Beispiele. Zum einen das West Midlands Police Museum, die unter anderem eine außergewöhnliche Sammlung an Orden und Abzeichen zur Abbildung zur Verfügung stellten, als mindestens ebenso interessant stellte sich das winzige Archiv der Royal Birmingham Society of Artists heraus. In diesem lagern von allen seit 1821 beigetretenen Künstlern je ein als Mitgliedsbeitrag gespendetes Werk, das nur dort vorhanden ist.
Ich denke diesen, im K.u.k. Keramik-, Majolika- und Steingutmuseum in Laafeld bei Radkersburg begonnenen Weg, sollten wir weiter gehen, wir haben in Österreich viele interessante kleine Museen.
Kurzes Statement zur Wikimania 2014 insgesamt
Nach einigen Wikimanias traue ich mir zu sagen dass vieles wie etwa der Veranstaltungsort, das Hotel sowie die Gesamtorganisation ausgezeichnet war, einzig wirklich zu wünschen hat die Kaffee- und Getränkesituation. Aber wie bei allen solchen Veranstaltungen, sei es im deutschsprachigen Raum oder international, waren wie immer nicht die Vorträge und Workshops das einzig Wichtige. Auch das Kennenlernen und Wiedersehen, das Fachsimpeln und Tratschen mit "wiki-people", die man sonst nur aus dem Netz kennt hat nicht zu vernachlässigenden Nutzen. Dieser direkte Austausch macht eine internationale Zusammenarbeit bei Projekten wie Wiki Loves irgendwas nicht nur deutlich leichter, ich bin mir auch sicher dass manche Ideen erst durch solche Treffen entstehen.