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Benutzer:Beppo/WikiCon 2016
Von Jungwikipedianern und anderen Greenhorns
Die Anzahl der Neuanmeldungen in der deutschsprachigen Wikipedia geht zurück, Neulinge, die für längere Zeit bleiben, sind selten. Auch die Anzahl der Administratoren ist von mehr als 300 auf rund 190 geschrumpft. Dies waren Gründe, die WikiCon, das jährliche Treffen der deutschsprachigen Wikipedia, nach Außen zu öffnen. Am Kultur- und Kongresszentrum „Das K“ in Kornwestheim, nahe Stuttgart, konnte man zwischen 16. und 18. September kaum vorbeigehen, ohne auf Wikipedianerinnen und Wikipedianer zu treffen: „Hier wird die Wikipedia geschrieben“, konnte man schon von Ferne auf den Fenstern des Gebäudes lesen. Der Wikipedia-Ball war auf den vor dem Portal flatternden Fahnen deutlich zu erkennen. Vor dem Eingang wurden zufällige Passanten oder Besucher der im Gebäude befindlichen Bibliothek eingeladen, sich über die Wikipedia zu informieren oder gar einzelne Artikel zu editieren. Im „Forum Freien Wissens“, das in der Eingangshalle aufgebaut war, konnten sich alle Anwesenden nicht nur über die Wikimedia-Chapter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz informieren. Auf speziellen Info-Tischen lagen die Bücher mit den Artikeln und Bildern von „GLAM on Tour“, andere Organisationen wie Open Street Map, die Städte- und Regiowikis oder die OK (Open Knowledge) boten ihre Informationsmaterialien ebenso an wie die großen internationalen Fotowettbewerbe Wiki Loves Monuments (WLM) und Wiki Loves Earth (WLE). An vielen Geräten wie Dia-Scanner, Flachbett-Scanner oder Beleuchtungs-Equipement konnten die Besucher selbst Hand anlegen.
Auf Raimund von Wikimedia Österreich geht die Idee zurück, Preisträger von WLE, die erst durch den Fotowettbewerb zu Wikipedia und Wikimedia Commons gestoßen sind, bei der WikiCon mit den anderen Teilen der Wikimedia-Bewegung in Verbindung zu bringen. Die Gewinnung und Förderung neuer Autorinnen und Autoren, Fotografinnen und Fotografen sowie vieler Freiwilliger für die Projekte stehen ohnehin seit vergangenem Jahr bei den deutschsprachigen Wikimedia-Organisationen im Vordergrund. So war es auch für mich keine Frage, zusammen mit Veronika von Team Ideenförderung von WMDE und Dr. Bernd Gross, dem WLE-Mitorganisator aus Dresden, ein Workshop für diese Neuen zu entwickeln und zu moderieren. Unter dem Titel „Frag doch das Greenhorn“ wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer spielerisch an das „Wikiversum“ herangeführt. Das große Wiki-Greenhorn-Puzzle wurde bei der Vorstellrunde von Allen schnell vervollständigt, nicht umsonst ist der Wikipedia-Ball ein dreidimensionales Puzzle, Symbol für die Unvollständigkeit unseres Wissens, das durch die Beiträge vieler Menschen vergrößert werden kann. Quiz, Kreuzworträtsel, Memory und Wikipedia-Knigge: Was ist NPOV? welches Wiki-Projekt verbirgt sich hinter dem Logo mit dem Eisberg? Wie wird das Chapter Wikimedia Österreich abgekürzt? Was bedeutet „Wikipedia: Bitte nicht stören“? Viele Fragen, gute Antworten, am Ende hatten wir alle viel voneinander gelernt. Der Teilnehmer mit den meisten Punkten erhielt das Wiki-Greenhorn, eine Kuh mit grünen Hörnern, aber auch die anderen gingen nicht leer aus. Der Gewinner, der ebenfalls als einer der Preisträger von Wiki Loves Earth in Deutschland zur WikiCon eingeladen worden war, zeigte sich begeistert: So groß hatte er sich diese Bewegung, in der so viele Freiwillige in verschiedenen Projekten an einem gemeinsamen Ziel arbeiten, nicht vorgestellt.
Neulinge in den Wikimedia Projekten müssen nicht unbedingt jung sein. Obwohl der jüngste Teilnehmer am Neulings-Workshop erst 9 Jahre zählte, aber viele der Fragen beantworten konnte, waren doch alle Altersklassen vertreten. Ein klares Alterslimit gibt es hingegen bei den „Jungwikipedianern“ (natürlich gibt es auch Jungwikipedianerinnen in dieser Gruppe), die ich anschließend bei ihrem „Q&A“ (Questions & Answers) besuchete. Die Jungwikipedianer sind alle unter 18 Jahre alt. Manche haben schon mit 12 Jahren in der Wikipedia editiert. Viele haben ein Spezialgebiet, sei es in der Programmierung von Tools, die Betreuung bestimmter Fachgebiete der Wikipedia wie Pop-Musik, Wartungs-, Schreib und Fotowettbewerbe sowie Mithilfe bei der Organisation von Wikimedia-Veranstaltungen in ihrer Region. Eine Erhöhung des Alterslimits wurde kürzlich innerhalb der Gruppe abgelehnt. Meine Hauptfrage an die Gruppe: „Warum seid ihr bei der WP geblieben, obwohl dort oft ein rauer Wind weht und wenig Verständnis für neue ideen aufgebracht wird.“ Einerseits haben die Jungwikipedianer eine höhere Frustrationstoleranz, die man als Schüler wohl haben muss. Oft kommen sie nach einer kurzen Wiki-Pause wieder, gereift und gestärkt vor allem durch die Kommunikation mit anderen Jungwikipedianern. Wichtig ist ihnen, dass hinter den Wikimedia-Projekten Menschen stehen, die auch im „Real Life“ miteinander kommunizieren. Höhepunkte in dieser Kommunikation sind die Meetups während der Wikimedia-Veranstaltungen wie WikiCon und Wikimania, aber vor allem das jährliche Treffen der Jungwikipedianer in einem der Wikimedia-Stützpunkte in Deutschland. Zusammen mit speziellen Fotoexpeditionen für den Nachwuchs Aktionen zur Neuautorengewinnung, die ebenfalls bei der WikiCon 2016 vorgestellt wurden, ist die Eigeninitiative der Jungwikipedianer ein Faktor, der die Zukunft von Wikimedia viel aussichtsreicher erscheinen lässt als die Wikitanic-Theoretiker glauben machen wollen.
Ein weiterer sehr wesentlicher Punkt in dem Bestreben, neue Freiwillige zu gewinnen und erfahrene Autorinnen und Autoren zu halten, war der 90minüte Vortrag mit Diskussion, der von Agruwie (Österreich) und Lutheraner (Deutschland) initiiert wurde. Ausgehend von den „Guide Camps“ wurden konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsklimas innerhalb der Wikipedia erörtert. Abgesehen vom Jammern über vergangene Ungerechtigkeiten sieht es für die Verbesserung der Zusammenarbeit innnerhalb der komplexen Benutzerstruktur der Online-Enzyklopädie (IPs dürfen ebenso auf allen Seiten der Wikipedia editieren wie Sockenpuppen oder erfahrene Autoren) ganz gut aus (siehe auch den Bericht zur WikiCon im Wikipedia KURIER.
Flankierende Maßnahmen, um gemeinsam Projekte zu besprechen und zu planen, sollen regional erfolgen. Pimpinellus, der eine Wiki-Eule für seinen Einsatz bei der Gründung und Einrichtung des Treffpunkts WikiMUC in München verliehen bekam, hatte eine neue Idee: Das „Alpen-Forum“. Die deutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, die Schweiz, Österreich und Südtirol, eventuell auch Liechtenstein sollen in einer südlichen Transversale bei speziellen Projekten zusammenarbeiten. Treffen könnten sowohl im WikiMUC als auch im neu gegründeten technik.café im Einzugsbereich des Stammtischs Lörrach/Basel stattfinden.
Beppo, 19. September 2016