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Benutzer:Beppo/Wikipedia Science Conference
Liest man sich das Programm der heute, am 2. September 2015, in London startenden zweitägigen Wikipedia Science Conference durch, so bekommt man den Eindruck, dass die Wikipedia durchaus mehr wissenschaftlichen Input gebrauchen könnte, dass aber umgekehrt auch die Wissenschaft mehr Wikipedia zu brauchen scheint. (Siehe: https://wikimedia.org.uk/wiki/Wikipedia_Science_Conference#Programme ).
Wikipedia ist beispielsweise das meistkonsultierte "Gesundheitsbuch" der Welt. Während aber durch die Spendengelder innerhalb der Wikimedia Foundation und die entsprechenden Metrics die Quantität von Inhalten durchaus gefördert wird, steht es mit der Qualität der Inhalte nicht nur bei geschönten Politikerbiografien oder bei werblich gefärbten Unternehmensprofilen, sondern auch bei wissenschaftlichen Artikeln nicht immer zum Besten. Die WP will zwar gar nicht den Eindruck erwecken, sie sei perfekt, aber die Leser, darunter viele Studenten, ignorieren die allfälligen Warnhinweise gerne. (Siehe auch: http://www.openmedicine.ca/article/view/652/565 )
Die Integration von wissenschaftlichen Inhalten oder gar von Wissenschaftlern als Autoren in der Wikipedia ist schwierig. Sie funktioniert in der englischsprachigen Wikipedia, wo beispielsweise Biologen die Ergebnisse ihrer Forschungsreisen in Artikeln präsentieren, wesentlich besser als in der deutschsprachigen. Ein Musterbeispiel gegenseitigen Missverständnisses war etwa die Sperre des Ichthyologen Peter Adamicka in der deutschsprachigen Wikipedia, weil er sich wiederholt nicht an Formalia hielt, sondern beispielsweise Abkürzungen verwendete. Wenig später wurden seine Artikel aus der Wikipedia in einem namhaften wissenschaftlichen Artikel über Muschelkrebse in der Zeitschrift "Zootaxa" zitiert - ohne Versionsnummer, als könnte der Artikel niemals verändert werden. Um genau diese Änderungen der von ihm gemachten "Fehler" hatte Adamicka vor seiner Sperre gebeten. Dieses Modell (der Wissenschaftler steuert die Inhalte bei, geübte Wikipedianerinnen und Wikipedianer kümmern sich um Formalia wie Kategorisierung etc.) funktioniert aber trotz Wiki-Prinzip nicht. Derzeit herrscht die These: Schreibt ihr (die Wissenschaftler) eure Bücher und wissenschaftlichen Arbeiten und wir (die WP Community) zitieren sie dann. Diese Arbeitsteilung ist auch schon wegen der engen Interpretation von "Theoriefindung" (englisch: original research) in der de.WP geboten. Alles, was noch nicht richtig etabliert ist, kann unter "Theoriefindung" fallen und wird dann gelöscht. Die Übernahme von Originaltext aus wissenschaftlichen Arbeiten, auch wenn diese mittlerweile als Beitrag zu einem offenen Wissenschaftszugang vielfach unter einer CC-BY-SA-Lizenz veröffentlicht werden, ist damit nicht möglich. Im englischsprachigen Raum werden solche Inhalte bei Wikisource zwischengelagert. Ohne intensivere Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich wird es aber auf Dauer mit der größten Enzyklopädie der Welt nicht weitergehen.
Mediawiki Software wird schon von vielen Wissenschaftlern zur internen Kommunikation, zur gemeinsamen Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten und zur Dokumentation verwendet. Von "Übungswikis" für Studenten bis zu Erstbeschreibungen von Lebewesen mittels "Turbo Taxonomie" (dabei werden in einem Wiki die für eine Erstbeschreibung nötigen Daten veröffentlicht und später von anderen oder denselben Wissenschaftlern ergänzt) wird Mediawiki im universitären Bereich, zusätzlich zu Wikiversity, herangezogen. Mittlerweile wird von den einschlägigen wissenschaftlichen Gremien die Online-Publikation von Erstbeschreibungen - auch in einem Wiki - als gültig akzeptiert. (Siehe auch: http://wikiambassador.jiscinvolve.org/wp/2014/03/28/publishing-scholarly-wikipedia/)
Zwei Hackathons zum Thema "Wikimedia and Research", nämlich der am Freitag, 4. September 2015, am European Bioinformatics Institute stattfindende und der am Samstag, 5. September 2015, im Development House in London abgehaltene, verlängern die Konferenz mit praktischen Anwendungen bis zum Wochenende. Der Hackathon am Samstag wird dankenswerter Weise von Daniel Mietchen (Deutschland) und Stefan Kasberger (Österreich) betreut. Es ist zu hoffen, dass Stefan noch einen genaueren Bericht über die Wikipedia Science Conference veröffentlicht.
Verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang nochmals auf das im Vorfeld des Cochrane-Colloquiums "Filtering the information overload for better decisions" am Do., 1. Oktober 2015, im Palais Niederösterreich in Wien von 9-17 Uhr stattfindenden Wikipedia-Symposium. Dabei geht es um die Nutzung medizinischer Literatur innerhalb der Wikipedia für Artikel und Übersetzungen einerseits und um die Einbindung von Fachleuten und Ärzten andererseits. Es wird mit rund 50 Teilnehmern beim Wikipedia-Symposium gerechnet, zur Betreuung werden noch Wikipedianerinnen und Wikipedianer mit allgemeinen Kenntnissen zum Schreiben von Artikeln gesucht. (Siehe Wikipedia:Redaktion Medizin: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Redaktion_Medizin/Cochrane_Collaboration und das Posting von User:Braveheart auf der Mailingliste von Wikimedia Österreich).
Erstellt von Beppo am 2. September 2015