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Erasmus, die Community und der König
„May everyone, in their own style and within their own capabilities and potential, try to make a useful contribution to the education of everyone“ - Desiderius Erasmus
Österreich, Kulturerbe und der Erasmuspreis - das scheint eine gute Kombination zu sein: Bereits der allererste Erasmuspreis ging 1958 an das österreichische Volk für die zukunftsorientierte Kulturarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Heuer wurde die internationale Wikipedia Community ausgezeichnet und Wiki Loves Monuments (WLM) war eines der Vorbildprojekte, die im Rahmen der Preisverleihung vorgestellt wurden. Lodewijk Gelauff, der WLM mitinitiiert und über Jahre maßgeblich geprägt hat, nahm als einer von drei Community-Vertretern den Preis entgegen und bat die österreichischen Freiwilligen, WLM für das offizielle Erasmuspreis-Video aus ihrer Perspektive zu vermitteln. In der Folge begleitete das Filmteam eine Gruppe österreichischer Wikimedianer ein Wochenende lang auf einer “Wiki Takes”-Expedition im Innviertel - im Vorfeld filmten wir einen Nachmittag lang bei unseren langjährigen WLM-Partnern im Bundesdenkmalamt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und macht deutlich, dass das Engagement der Österreicher für die Zukunft ihres kulturellen Erbes auch rund 60 Jahre nach dem ersten Erasmuspreis ungebrochen ist.
Bei der Preisverleihung durfte ich zusammen mit Regiomontanus und Braveheart die österreichische Community vertreten und wir waren alle beeindruckt davon, wie die Praemium Erasmianum Foundation es geschafft hat, im gesamten Prozess rund um die Preisverleihung die Besonderheiten unserer Community als Preisträger zu berücksichtigen und zu würdigen. Ebenfalls positiv war der Eindruck von der königlichen Familie - durchaus bodenständig und ehrlich interessiert am Gespräch mit diversen Wikipedianern während des Empfangs nach der Zeremonie.
Nur wenige Tage nach der Preisverleihung fand in Utrecht dann die Wikimedia Conferentie Nederland, die niederländische Version der WikiCON, statt. Da wir schon in WLM-Mission unterwegs waren, nutzen Braveheart und ich die Gelegenheit, eine Session zum Thema “The Future of WLM” einzureichen. Nach einem kurzen Input zur Situation in Österreich diskutierten wir in einem internationalen Panel die Chancen und Herausforderungen für WLM in Ländern wie Österreich und den Niederlanden, wo das bewährte Konzept mittlerweile an seine Grenzen stößt. Über 95% der österreichischen Monumente sind mittlerweile bebildert - die Vervollständigung des verbleibenden Rests lässt sich effektiver durch konzentrierte Community-Aktionen erreichen, als durch einen groß angelegten, öffentlichen Wettbewerb. Auch eine Erweiterung der Betätigungsfelder rund um kulturelles Erbe (u.a. Artikelarbeit, Wikidata, Video- oder Audiobeiträge) wird nur schwer eine breite Masse außerhalb der Wikimedia-Community in einem Ausmaß mobilisieren können, wie dies bei WLM der Fall war. Aber welche Ideen eignen sich am besten um die Begeisterung und das Engagement der Freiwilligen für unser kulturelles Erbe auch in Zukunft aufrecht zu erhalten? Was bedeutet das mittelfristig für unsere bestehenden Partnerschaften und die Gewinnung neuer Beitragender für die Wikimedia-Projekte? Die Antworten auf diese Fragen muss trotz aller Gemeinsamkeiten letztlich jede Community im lokalen Kontext finden - dazu braucht es im ersten Schritt eine Diskussion um die Priorisierung der gemeinsamen Ziele und Zielgruppen (Was wollen wir bei und mit wem in den nächsten Jahren erreichen?) und eine gute Portion Kreativität. Schön wäre es jedenfalls, wenn wir in Österreich auch im Umgang mit diesen Herausforderungen künftig wieder ein internationales Vorbild werden könnten.
Claudia Garád, 2.12.2015